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Politik: Sudan lässt Hilfe zu

UN-Friedenstruppe darf nach Darfur – den Friedenspakt haben aber nicht alle Parteien unterzeichnet

Seit drei Jahren wütet in der sudanesischen Region Darfur ein Vernichtungskrieg, den manche als den ersten Völkermord des 21. Jahrhunderts bezeichnen. Mehr als zwei Millionen Menschen wurden vertrieben, 180 000 getötet. Kaum weniger lange als der Krieg selbst, bald zwei Jahre, dauerten die Friedensverhandlungen, zu denen die sudanesische Regierung und Rebellen in immer verschiedener Formation zusammentrafen. Am Samstag, einen Tag nach der Unterzeichnung eines Friedensabkommens für Darfur, stimmte die sudanesische Regierung nun der Entsendung einer UN-Friedenstruppe in die Krisenregion zu.

Das Friedensabkommen sieht unter anderem die baldige Demobilisierung der von der Regierung unterstützten Reitermilizen vor, die zahllose Dörfer durch Brandschatzung verwüstet haben. Darüber hinaus sollen 4000 Rebellen in die sudanesische Armee integriert werden, weiteren 4000 soll bei der Umorientierung in ein Zivilistenleben geholfen werden.

Doch die Friedensvereinbarung hat den ernsten Makel, dass sie nicht alle Parteien unterzeichnet haben. Lediglich die größere Fraktion der zersplitterten Rebellengruppe Sudanesische Befreiungsarmee (SLA) und die sudanesische Regierung haben ihre Friedensabsicht schriftlich besiegelt. Die Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung (JEM) unterschrieb ebenso wenig wie die kleinere Abspaltung der SLA. Die Afrikanische Union kündigte am Samstag an, dass sie beide Gruppen zur Zustimmung bewegen will.

Der blutige Konflikt brach 2003 aus, als eine kleine Gruppe junger Männer Regierungsziele in Darfur angriff. Sie werfen der Regierung in Khartum vor, die Region Darfur wirtschaftlich und politisch zu vernachlässigen und diejenigen Sudanesen zu bevorzugen, die sich als Araber definieren. Die Reaktion der Regierung von Präsident Omar al Baschir, eine Militärstrategie der verbrannten Erde, die zum großen Teil von den Dschandschawid genannten Reitermilizen ausgeführt wurde, brachte den Rebellen in kürzester Zeit großen Zulauf.

Die komplexe Gemengelage von innenpolitischen Interessen und historischen Konflikten im größten Land Afrikas wird Darfur noch auf lange Zeit zu einer instabilen Region machen, selbst wenn der Friedensschluss Bestand hat. Neben der Politisierung von ethnischen Unterschieden bleiben die Ränkespiele innerhalb der islamistischen Regierung eine Gefahr. So gilt etwa der äußerst einflussreiche radikale Islamist und ehemalige Parlamentssprecher Hassan al Turabi als Unterstützer, wenn nicht Mitgründer der JEM. Beobachter meinen, Turabi, der enge Verbindungen in die Konfliktregion hat, wolle sich auf dem Umweg Darfur in Khartum an die Macht bringen. Mehrmals wurde er wegen angeblicher Putschpläne inhaftiert.

Das Abkommen, das unter massivem US-amerikanischen Druck zustande gekommen ist, wird von an den Verhandlungen beteiligten Beobachtern aus Europa, Afrika und den USA einhellig als „ein erster Schritt“ bezeichnet. Aber mehr auch nicht. Allein wegen der Ankündigung Sudans, eine UN-Friedenstruppe zuzulassen, werden die vielen Flüchtlinge sicher nicht ihre Heimreise antreten. Solange nicht alle Parteien das Friedensabkommen von Freitag unterschrieben haben und solange der sudanesischen Regierung nicht mit massiven Sanktionen gedroht wird, falls sie sich auch dieses Mal nicht an ein Abkommen hält, wird das Dokument wenig Wert haben, fürchten Beobachter.

Judith Reker[Nairobi]

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