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Mit landesweit 54 Prozent der Stimmen fuhr der ANC unter Präsident Jacob Zuma das schlechteste Ergebnis in seiner Geschichte ein.

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Update

Südafrika: ANC von Präsident Zuma verliert auch Hauptstadt Pretoria

Die südafrikanische Regierungspartei ANC kassiert bei den Kommunalwahlen große Verluste – besonders in den Großstädten. Und sie verliert die Hauptstadt.

„Wenn du mir versprichst zu liefern, dann erwarte ich, dass du lieferst“, sagt Koketso Seletela. Die 21-jährige Südafrikanerin lebt in dem Township Tembisa bei Johannesburg – und verkörpert eine neue Generation: die „Born Frees“, die in ein demokratisches Südafrika hineingeboren wurden. 1994 hatte der Afrikanische Nationalkongress (ANC) unter Nelson Mandela Südafrika die politische Freiheit gebracht. Allerdings fällt es der Regierungspartei zunehmend schwer, ihren Machtanspruch mit dem Freiheitskampf zu rechtfertigen: Bei den Kommunalwahlen verlor der ANC nun drei der acht wichtigsten Großstädte an die Opposition. Die Demokratische Allianz (DA) konnte sich den größten Anteil der Stimmen in der Hauptstadt Pretoria und in der Industriestadt Port Elizabeth sichern - ebenso wie in der DA-Hochburg Kapstadt. Lange galt der ANC als nahezu unantastbare Partei und lebte vom Heldenmythos der Geschichte. Es ist das erste Mal, dass der ANC in Pretoria und Port Elizabeth die Führung verlor.

Welchen Wert hat Selbstbestimmung ohne Jobs, einem Dach über dem Kopf oder Essen auf dem Tisch? Dieses neue politische Denken wurde dem ANC vor allem in den Großstädten zum Verhängnis – sie sind nicht nur die Wirtschaftshochburgen, sondern schon länger Zentren des Wandels. Hier wächst eine neue schwarze Mittelschicht, die mit 41 Prozent schon jetzt den stärksten Anteil ausmacht. Die DA setzte dies zu ihrem Vorteil ein: Erstmalig startete sie mit einem schwarzen Anführer, Mmusi Maimane, ins Rennen und verwies auf ihre Erfolge in der Provinz Westkap (Kapstadt), wo sie seit 2009 regiert.

ANC kann sich in Johannesburg behaupten - knapp

Am Freitag verkündete die DA dann ihren Sieg in Port Elizabeth: Mit 46 Prozent schlug sie den ANC (41) und beanspruchte die Hafenmetropole und fünftgrößte Stadt des Landes für sich. Der ANC witterte Betrug, nachdem 500 angekreuzte Wahlkarten im Müll eines Wahllokals auftauchten.

In der Wirtschaftsmetropole Johannesburg lieferten sich ANC und DA bis zum Ende ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen, das der ANC schließlich gewann. Es waren die am härtesten umkämpften Wahlen seit 1994, sagte der Vorsitzende der Wahlbehörde, Mosotho Moepya.

Als Königsmacher gelten nun die Wirtschaftlichen Freiheitskämpfer (EFF) als drittstärkste Partei: Weil in den Metropolen keine der beiden Großparteien über 50 Prozent erwartet, bleibt es spannend, wem die EFF ihre Stimmen für eine Koalition gibt. Die Fronten sind verhärtet: zur Regierungspartei, weil EFF-Führer Julius Malema 2012 wegen Untreue aus dem ANC verbannt wurde, zur DA, weil der EFF ihr vorwirft, als eine Marionette der weißen Elite zu agieren.

Mit landesweit rund 54 Prozent der Stimmen fuhr der ANC unter Präsident Jacob Zuma das schlechteste Ergebnis in seiner Geschichte ein. Bei den letzten Kommunalwahlen 2011 konnte der ANC 62 Prozent der Stimmen sichern. Eine symbolträchtige Niederlage erlitt der ANC in Zumas Heimatkommune Nkandla, wo die Partei auf dem zweiten Platz landete. Die DA erhielt landesweit rund 27 Prozent, die EFF etwa acht Prozent der Stimmen.

Oppositionsführer von der DA Mmusi Maimane feierte

Oppositionsführer Maimane feierte. „Wir sprechen von einer Wahl des Wandels, da sie gleichzeitig ein Referendum über Präsident Jacob Zuma und über Südafrikas Zukunft war.“ Tatsächlich ist das Staatsoberhaupt nach mehreren Skandalen schwer angeschlagen. „Zuma war eine Blamage, weshalb es Wahlkampfplakate mit seinem Gesicht aus gutem Grund kaum auf die Straße schafften", analysierte die Zeitung „Business Day“. Über Zumas vorzeitiges politisches Ende, das in den vergangenen Monaten vielfach prophezeit wurde, streiten die Experten jedoch. „Mittlerweile weiß er, wie man zurückschlägt“, sagt Politologe Andre Duvenhage. Er schätzt, dass Zuma nach der Schlappe sein Kabinett neu zusammensetzen und noch mehr Treue um sich versammeln werde.

Der Kandidat der Democratic Alliance, Mmusi Maimane
Der Kandidat der Democratic Alliance, Mmusi Maimane

© Reuters/Siphiwe Sibeko

22 Jahre nach dem Ende der Apartheid ist Nelson Mandelas Partei gespalten: Von „Traditionalisten“ und „Reformern“ sprechen die Analysten. Auch am Freitag zeigte sich dies. Während ANC-Sprecher Zizi Kodwa die nationale Zustimmung von 54 Prozent als „Vertrauensspruch der Südafrikaner“ wertete, sah Parlamentsführer Jackson Mthembu „Grund zu Sorge“. Nie zuvor habe der ANC bei Kommunalwahlen schlechter abgeschnitten als 60 Prozent. Diese Marke sei ein „psychologischer Wendepunkt“. Um eine komplette Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen 2019 zu verhindern, müsse der ANC selbstkritisch vorgehen und analysieren, „was schief lief“. (mit dpa)

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