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Südafrika: Apartheid-Opfer verklagen Top-Konzerne auf Milliarden

Den internationalen Schwergewichten unter den börsennotierten Unternehmen drohen milliardenschwere Entschädigungsforderungen. Die einstigen Profiteure der Apartheid müssen sich den Klagen der Opfer stellen.

Den großen Konzernen droht eine Entschädigungsklage in Höhe von bis zu 400 Milliarden US-Dollar (258 Milliarden Euro). Der Vorwurf der Apartheid-Opfer: Die verklagten Großbanken und -konzerne aus Deutschland, der Schweiz, Großbritannien und den USA sollen durch ihre Aktivitäten in dem Kap-Staat die Verfechter der staatlich verordneten Rassenpolitik wirtschaftlich am Leben erhalten, davon profitiert und somit gegen internationales Recht verstoßen haben.

Neben der juristischen Aufarbeitung der Apartheid-Verbrechen - so hoffen die Verfechter und ihre Unterstützer - könnte die am Montag vom Obersten US-Gericht zugelassene Klage auch ein Präzedenzfall zur Durchsetzung menschenrechtlicher Standards gegenüber internationalen Unternehmen sein. Die Sammelklagen wurden von drei verschiedenen Gruppierungen im Namen aller Menschen, die zwischen 1948 und 1994 in Südafrika Opfer der Rassentrennungspolitik wurden, eingereicht. Weder die südafrikanische Regierung noch die der USA unterstützen sie dabei. Dafür haben sie in Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu einen prominenten Fürsprecher.

"Kleinliche Opfer-Entschädigungen"

Der hatte bereits vor Jahren gefordert, dass sich die einstigen Profiteure der Apartheid - er meinte damit vor allem "weiße Unternehmen" - angesichts "kleinlicher Opfer-Entschädigungen" großzügiger an den Zahlungen beteiligen. Für die fiel bisher in der Tat nicht viel ab. Erst neun Jahre nach dem offiziellen Ende der Rassentrennung hatten 19.000 Apartheid-Opfer eine pauschale Entschädigung in Höhe von jeweils 30.000 Rand (2700 Euro) erhalten.

Die noch von Nelson Mandela eingesetzte Wahrheits- und Versöhnungskommission hatte ihre Arbeit Ende März 2003 beendet und damit den Weg für Entschädigungszahlungen an die Opfer freigemacht, die vor dem Gremium ausgesagt hatten. Es war 1996 nach den ersten demokratischen Wahlen in der Republik Südafrika als integraler Bestandteil des südafrikanischen Übergangsprozesses eingesetzt worden. Die Kommission hatte früheren Tätern Amnestie für begangene Gräueltaten im Falle eines öffentlichen Geständnisses versprochen.

Tutu kritisiert bisherige Entschädigungs-Praxis

Im Umfeld des 10. Jahrestages der Kommission vor zwei Jahren betonte Tutu jedoch, Stipendien für Kinder von Apartheid-Opfern oder die Finanzierung von Grabsteinen seien unzureichend. Zudem seien viel zu viele nicht geständige Apartheid-Täter straffrei davongekommen. Eine in Aussicht gestellte Aburteilung derjenigen Apartheid-Schergen, die sich nicht der Kommission gestellt hatten, fand bisher kaum statt.

Deutschland, das im Zusammenhang mit den sogenannten Holocaust-Klagen Erfahrung im Umgang mit Entschädigungs-Prozessen vor US-Gerichten hat, drohte bis vor kurzem weiteres Ungemach wegen seiner Vergangenheit. In Südafrikas Nachbarstaat Namibia hatten sich Nachfahren der Herero zusammengetan, um deutsche Unternehmen in den USA auf Entschädigung für erlittenes Unrecht zur Kolonialzeit zu verklagen. Das angerufene Gericht in Washington hatte sich aber wegen eines Formfehlers für nicht zuständig erklärt. Seitdem gab es keinen weiteren Versuch mehr, die Firmen in die Pflicht zu nehmen. 

Ralf E. Krüger[dpa]

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