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Politik: Sumpfblüte

Einer der schlimmsten Fieslinge in Carl Hiaasens neuem Roman stirbt einen bizarren Tod: Er wird durchbohrt von einem jener angespitzten Holzkreuze, die an die Opfer im Straßenverkehr erinnern. Der Fiesling stirbt aber nicht bei einem Unfall.

Einer der schlimmsten Fieslinge in Carl Hiaasens neuem Roman stirbt einen bizarren Tod: Er wird durchbohrt von einem jener angespitzten Holzkreuze, die an die Opfer im Straßenverkehr erinnern. Der Fiesling stirbt aber nicht bei einem Unfall. Jemand rammt das Kreuz in des Fieslings Körper, weil gerade keine andere Waffe zur Hand ist.

Zum Thema Tagesspiegel Online: Leipziger Buchmesse  Service Online bestellen: "Der Reinfall" Die Szene ist typisch Carl Hiaasen. Der Autor aus Miami verbindet in seinen Romanen schwarzen Humor mit Verbrechen und Gesellschaftskritik zu einem Gemisch, das einem Tränen des Gelächters in die Augen treiben kann. Jeder, der mal ein paar Tage in Florida zugebracht hat, erkennt Hiaasens Protagonisten in der Wirklichkeit leicht wieder. In „Der Reinfall“ geht es um eine junge Frau namens Joey, die von ihrem Ehemann nachts, als keiner hinsieht, über die Reling eines Kreuzfahrtschiffes geworfen wird: „Während sie auf den dunklen Atlantik zustürzte, war Joey viel zu verdattert, um in Panik zu geraten. Ich bin mit einem Arschloch verheiratet, dachte sie, als sie kerzengerade ins Wasser tauchte.“ Die folgenden gut 470 Seiten drehen sich um die Rache Joeys an ihrem missratenen Mann, der auf eine Hiaasen zufolge typisch floridianische Art mit dem riesigen Sumpfgebiet der Everglades zu tun hat: Joeys Mann fälscht als Biologe die Untersuchungsergebnisse des Sumpfwassers für einen Farmer.

Auf die eine oder andere Weise geht es in Hiaasens Romanen immer darum, wie der amerikanische Drang zur Inbesitznahme der Landschaft ebendiese zerstört. Fast immer schafft es der humorbegabte Amerikaner, eine Geschichte spannend zu erzählen – und nebenbei über ein paar Zusammenhänge amerikanischer Politik aufzuklären. Seine Kritik ätzt um so länger, weil sie so schwarzhumorig und boshaft sein kann. Hier aber, im „Reinfall“, meint man eine Ungeduld zu spüren, die Hiaasens eisgekühlten Humor mit bitterem Moralin durchsetzt. Das ist schade – bisher hatte er das nie nötig.

Carl Hiaasen: Der Reinfall. Roman. Aus dem Amerikanischen von Marie- Luise Bezzenberger. Manhattan, München. 475 Seiten, 14,95 €.

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