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Politik: „Symbol für Unfasslichkeit des Verbrechens“

Bundestagspräsident Thierse eröffnet das HolocaustMahnmal Zentralratspräsident Spiegel vermisst Hinweis auf die Täter Architekt Eisenman: Von heute an ist ein Teil meiner Seele in Berlin Berlin - Mit einer feierlichen und von vielen Emotionen getragenen Zeremonie ist gestern in Berlins Mitte das „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ eingeweiht worden. Die Feier fand in einem Festzelt auf dem 19 000 Quadratmeter großen Mahnmalsgelände statt.

Bundestagspräsident Thierse eröffnet das HolocaustMahnmal Zentralratspräsident Spiegel vermisst Hinweis auf die Täter Architekt Eisenman: Von heute an ist ein Teil meiner Seele in Berlin

Berlin - Mit einer feierlichen und von vielen Emotionen getragenen Zeremonie ist gestern in Berlins Mitte das „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ eingeweiht worden. Die Feier fand in einem Festzelt auf dem 19 000 Quadratmeter großen Mahnmalsgelände statt. „Es ist mir eine Ehre, das Denkmal dem deutschen Volk zu übergeben“, sagte der amerikanische Architekt Peter Eisenman, der das Stelenfeld entworfen hatte, vor 1200 Gästen, unter ihnen Überlebende des Holocaust und Vertreter aus jüdischen Gemeinden Europas. Auch Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzler Gerhard Schröder nahmen an der Einweihung teil.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) bezeichnete das Mahnmal als „bauliche Symbolisierung für die Unfasslichkeit des Verbrechens“. Die Entscheidung des Bundestages für das Mahnmal 1999 sei „die Entscheidung für ein erstes gemeinsames Erinnerungsprojekt des wiedervereinten Deutschland“ gewesen und das Bekenntnis, dass sich dieses geeinte Deutschland zu seiner Geschichte bekennt. Das in zweijähriger Bauzeit entstandene Stelenfeld erinnere an „das entsetzlichste der Verbrechen Nazi- Deutschlands“ und sei keinesfalls „der steinerne Schlusspunkt“ unter die Aufarbeitung dieser Vergangenheit.

Paul Spiegel, der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, äußerte neben seiner Anerkennung für das gesamte Projekt auch deutliche Kritik daran, dass sich das Denkmal jeder Aussage über die Schuldigen entziehe. „Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas ehrt die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, verweist aber nicht unmittelbar auf die Täter. Die Täter und Mitläufer von einst und deren heutige Gesinnungsgenossen müssen sich beim Besuch des Denkmals nicht unmittelbar angesprochen fühlen“, sagte Spiegel. „Künstlerisch beeindruckend wurde stattdessen die Vorstellung von den Juden als dem Volk der Opfer in 2711 Betonstelen gegossen.“ Die Hartnäckigkeit, mit der die Initiatoren des Denkmals 17 Jahre lang für seine Verwirklichung gekämpft hätten, hätten ihn „sehr beeindruckt“, sagte Spiegel.

Zu Tränen rührte viele die Rede der Holocaust-Überlebenden Sabina van der Linden. Sie war als elfjähriges Mädchen bei der Besetzung Polens von ihrer Familie getrennt worden. „Für mich sind die Kinder der Mörder keine Mörder“, sagte sie. „Aber wir können die Kinder dafür zur Rechenschaft ziehen, wie sie mit der Erinnerung umgehen.“ Für das Denkmal dankte sie sehr. Die im Festzelt versammelten Gäste applaudierten ihr stehend.

„Das Mahnmal soll den Toten ein dauerhaftes Gedächtnis geben“, sagte Architekt Peter Eisenman. Ernst und in getragenem Ton sagte er, dass auch die vielen Debatten, die es gegeben habe, wichtig gewesen seien. „Dadurch ist das Ergebnis besser ausgefallen als das Konzept.“ Zugleich bekannte er: „Ich bin zwar New Yorker, aber von heute an ist ein Teil meiner Seele immer hier in Berlin.“ Mahnmal-Initiatorin Lea Rosh bedankte sich bei all jenen, die sich für das Denkmal eingesetzt haben, unter anderem bei Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl. „Wir wollten den Ermordeten ihre Namen zurückgeben und ihr Andenken ehren, damit sie nicht ein zweites Mal sterben müssen“, sagte sie. Melancholischer Gesang von einem jüdischen Kantor aus New York und einem Synagogenchor aus Breslau rundete die Feier ab.

Das Denkmal unweit des Brandenburger Tores mit 2711 Betonstelen und dem unterirdischen „Ort der Information“ kostete 27,6 Millionen Euro. Ab Donnerstag ist es für die Öffentlichkeit zugänglich.

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