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Protest im Ausland. Syrische Demonstranten in Istanbul. Foto: Reuters

© REUTERS

Politik: Syrien auf Konfrontationskurs mit Arabischer Liga Staatschef Assad lässt zweites Ultimatum verstreichen

Finanzminister wollen heute über harte Wirtschaftssanktionen diskutieren.

Die syrische Führung hat auch ein zweites Ultimatum der Arabischen Liga zu einem Ende der Gewalt verstreichen lassen. „Bis jetzt haben wir noch immer keine Antwort der syrischen Regierung“, sagte ein Diplomat der Arabischen Liga am Freitag in Kairo. Das Ultimatum lief am Freitagmittag aus. Wie aus arabischen Kreisen weiter bekannt wurde, wollte die Liga Syrien aber noch bis Mitternacht Zeit geben, auf die Forderung einzugehen. Syriens Staatschef Baschar al Assad hatte bereits am Sonntag ein Ultimatum der Arabischen Liga zur Beendigung der Gewalt in seinem Land verstreichen lassen.

Am Donnerstag hatte die Arabische Liga daraufhin unter Androhung von Sanktionen ein neues Ultimatum gestellt. Generalsekretär Nabil al Arabi erklärte, Damaskus müsse bis Freitagmittag einen Plan der Liga unterzeichnen, der die Entsendung von Beobachtern vorsehe. Die Finanzminister der Arabischen Liga sollen nun am Samstag über mögliche Sanktionen gegen Syrien beraten, die Pläne könnten dann am Sonntag den Außenministern des Staatenbundes vorgelegt werden. Im Gespräch sind nach Diplomatenangaben die Aussetzung von Flügen nach Syrien, der Stopp von Finanz- und Handelstransaktionen sowie das Einfrieren von Vermögen der syrischen Regierung. Zuvor hatten bereits die EU und die USA Syrien wegen der Unterdrückung der Proteste mit nach UN-Angaben mehr als 3500 Toten mit Sanktionen belegt.

Unterdessen sind am Freitag bei einem Anschlag auf das syrische Militär nach offiziellen Angaben zehn Angehörige der Streitkräfte getötet worden, darunter sechs Piloten. Eine bewaffnete Terrorgruppe habe einen Luftwaffenstützpunkt zwischen Homs und Palmira angegriffen, sagte ein Militärsprecher im staatlichen Fernsehen. „Dies beweist die Beteiligung ausländischer Elemente und deren Unterstützung solcher Terroraktionen, um die Kampfkraft unserer Kräfte zu schwächen.“ Nach Angaben der Opposition sollen am Freitag sechs Demonstranten landesweit getötet worden sein.

Unterdessen läuft die Debatte über die von Frankreich vorgeschlagene Einrichtung humanitärer Korridore weiter. „Ich werde bei der nächsten Sitzung des EU-Ministerrats beantragen, diesen Punkt auf die Tagesordnung zu nehmen“, hatte Außenminister Alain Juppé am Mittwochabend in Paris erklärt. Allerdings bedürfe es dazu eines internationalen Mandats, erklärte Juppé am Donnerstag im Radio. Ein internationaler Militäreinsatz sei derzeit allerdings kein Thema. Juppé hatte zuvor mit dem syrischen Oppositionspolitiker und Chef des Übergangsrates, Burhan Ghalioun, gesprochen. Der nach libyschem Vorbild eingerichtete Übergangsrat ist bislang nicht offizieller Ansprechpartner der französischen Regierung. Juppé nannte ihn jedoch einen legitimen Gesprächspartner.

Der britischen BBC ist es nach eigenen Angaben gelungen, einen der ersten westlichen Reporter in die syrische Rebellen-Hochburg Homs einzuschleusen. Reporter John Wood berichtet in seiner Reportage, dass die Aufständischen auf mehr Deserteure aus den Reihen der Armee hofften. Die Aufständischen glaubten, dass ganze Bataillone bereit wären zu desertieren. Dafür forderten die Rebellen, eine Flugverbotszone über Syrien entlang der türkischen Grenze zu errichten. Der einzige Grund, warum viele Militäreinheiten noch auf Regierungslinie seien, sei die Furcht vor einem Luftangriff durch loyale Einheiten des Assad-Regimes.

Die Debatte über die von Frankreich erwogene Einrichtung eines humanitären Korridors in Syrien beflügelt in der Türkei die Debatte über eine mögliche Militärintervention gegen das Assad-Regime. Syrische Deserteure in der Türkei verlangen schon seit längerem eine von der Türkei bewachte Schutzzone in Syrien. In der regierungsnahen Zeitung „Yeni Safak“ war von einem militärischen Vorstoß bis zur syrischen Stadt Homs die Rede. Aus Sicht einiger Experten wird eine Intervention der internationalen Gemeinschaft immer wahrscheinlicher. „Die verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen in Syrien haben angefangen, sich zu bewaffnen“, sagte der Syrien-Experte Veysel Ayhan vom Polit-Institut Orsam in Ankara am Freitag dem Tagesspiegel. „Wenn Syrien in einem Bürgerkrieg versinkt, in dem jeder gegen jeden kämpft wie im Libanon, dann wird die Türkei das nicht zulassen.“ Ein ausgewachsener Bürgerkrieg in Syrien würde unter anderem den türkischen Handel mit dem Nahen Osten über den Landweg unmöglich machen. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat es bisher vermieden, eine Intervention klipp und klar auszuschließen. Kürzlich antwortete er auf Fragen von Reportern nach einer möglichen Intervention: „Derzeit“ sei das kein Thema. mit AFP/Reuters

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