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Bild aus einem Krieg. Rebellenkämpfer nach einem Luftangriff in Akraba, einer Vorstadt von Damaskus.

© Reuters

Syrien: Der Kampf um Damaskus spitzt sich zu

Immer mehr Stadtteile der syrischen Hauptstadt werden zum Kriegsgebiet. Die Truppen des Machthabers Assad büßen ihre Übermacht ein. Den Rebellen gelingt es nun sogar, Flugzeuge abzuschießen. US-Präsident Obama warnt das Regime davor, Giftgas einzusetzen.

Der Bürgerkrieg in Syrien spitzt sich dramatisch zu. Offenbar hat jetzt der Kampf um Damaskus begonnen, der letzten noch intakten Machtbastion des Regimes von Baschar al Assad. Die Gefechte zwischen Aufständischen und loyalen Truppen greifen auf immer mehr Stadtteile der Millionenmetropole über sowie auf die Umgebung des 25 Kilometer vom Zentrum entfernten Internationalen Flughafens. Am Dienstag haben Regierungstruppen gleich mehrere Viertel im Südosten der Hauptstadt bombardiert. Ein Bewohner berichtete von vier schweren Explosionen. Dabei könnte es sich um selbst gebaute Sprengkörper handeln, die Soldaten mit Hubschraubern über Stellungen der Rebellen abwerfen.

Präsident Barack Obama warnte die syrischen Machthaber eindringlich davor, angesichts der drohenden Niederlage jetzt auch Chemiewaffen einzusetzen. Nach Angaben aus Washington haben die USA Hinweise, dass an einigen der rund 75 Chemiewaffenstandorte das Giftgas Sarin angemischt werden soll. Unmittelbar vor dem Beschluss der Nato-Außenminister „Patriot“-Flugabwehrraketen ins türkische Grenzgebiet zu Syrien zu entsenden, warnten auch die Außenminister Syrien. „Wir wissen, dass Syrien Raketen hat, wir wissen, dass sie chemische Waffen haben. Und natürlich muss das in unsere Kalkulationen einfließen“, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. „Das ist auch der Grund, warum es dringlich ist, die wirksame Verteidigung und den Schutz unseres Bündnismitgliedes Türkei sicherzustellen.“

UN und EU zogen angesichts der immer brutaler werdenden Kämpfe und der Giftgasgefahr den Großteil ihres Personals aus Damaskus ab. Am Montag hatte eine aus Kairo kommende Maschine von Egypt Air abdrehen müssen, weil dem Piloten wegen der Gefechte eine Landung in Damaskus zu gefährlich erschien. Das Unternehmen sagte daraufhin für die kommenden Tage alle Flüge nach Syrien ab. Den Rebellen gelang es unterdessen zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Tagen, ein MiG-Kampfflugzeug mit einer Boden-Luft-Rakete abzuschießen. Ein Video zeigt Kämpfer, die einen der Piloten davonschleppen, der sich mit dem Schleudersitz retten konnte.

Assads Truppen haben in weiten Teilen des Landes ihre Übermacht auf dem Boden eingebüßt, so dass das Regime seinen Krieg inzwischen vor allem aus der Luft führt. Nach eigenen Angaben haben die Rebellen bei der Eroberung einer großen Kaserne nahe Aleppo mehrere Dutzend Flugabwehrraketen vom Typ Sam-16 in ihre Gewalt bringen können. Unter den Aufständischen befindet sich zumindest ein übergelaufener Soldat aus einem Luftabwehrbataillon, der mit dieser Waffe umgehen kann. Die Fähigkeit der Aufständischen, jetzt auch Kampfhubschrauber und Kampfflugzeuge abzuschießen, hat offenbar die Kampfmoral der Assad-Truppen geschwächt.

Die USA arbeiten bereits seit Monaten an Plänen, im Falle eines Chemiewaffeneinsatzes die Chemiewaffendepots des Assad-Regimes mit einer Eingreiftruppe von außen unter Kontrolle zu bringen. Offenbar sollen dann jordanische und türkische Einheiten unter der Führung von amerikanischen Spezialisten die tödlichen Chemikalien auf syrischem Boden sicherstellen. Dazu hatten die USA bereits vor Monaten eine 150-köpfige Sondereinheit nach Jordanien verlegt. „Assad und allen unter seinem Kommando will ich absolut klarmachen – die Welt hat euch im Auge“, sagte der US-Präsident jetzt. Der Einsatz von Chemiewaffen sei absolut inakzeptabel. Geschehe dieser tragische Fehler dennoch, werde das Konsequenzen haben. Man werde die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.

Ein Sprecher des syrischen Außenministeriums erklärte im Fernsehen, Syrien werde „niemals, unter keinen Umständen, Chemiewaffen gegen das eigene Volk einsetzen, falls es sie überhaupt gibt“. Der bisher amtierende offizielle Sprecher des Außenministeriums, Jihad Makdissi, hatte sich zuvor über Beirut nach London abgesetzt und nach Angaben eines Vertrauten mit dem Regime gebrochen. Makdissi gehört der christlichen Minderheit an und verteidigte 20 Monate lang gegenüber den Medien die Politik Assads.

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