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Syrien: Rebellen sehen bereits den Sieg

China und Russland blockieren weiterhin eine Resolution im Weltsicherheitsrat. Der Sprecher der "Freien Syrischen Armee" kündigt für die nächsten Tage in Syrien "Überraschungen" an.

„Der Sieg ist nahe“, triumphieren die Rebellen. „Die Schlacht zur Befreiung von Damaskus hat begonnen.“ Seit drei Tagen dehnen sich die heftigen Kämpfe auf immer mehr Stadtteile aus und drohen nach Homs, Hama und Deraa nun auch die syrische Hauptstadt in Gewalt und Zerstörung zu stürzen. Im diplomatischen Ringen um eine Syrienresolution des UN-Weltsicherheitsrates hingegen ist weiterhin keine Einigung in Sicht. „Wir haben nur leichte Waffen, aber wir haben einen Plan, wie wir ganz Damaskus in unsere Hand bekommen können“, erklärte der Sprecher der „Freien Syrischen Armee“, Oberst Kassem Saadeddine, und kündigte für die kommenden Tage „Überraschungen“ an.

Nach israelischen Erkenntnissen verlegte das Regime am Dienstag Einheiten aus den nahe gelegenen Golanhöhen nach Damaskus, ein weiteres Indiz, wie prekär die Lage geworden ist.

UN-Vermittler Kofi Annan traf am Dienstag in Moskau mit Russlands Präsident Wladimir Putin zusammen. Dieser versprach, er werde „alles tun“, um Annans Friedensplan für Syrien zu unterstützen. Gleichzeitig machte die russische Führung jedoch erneut klar, sie werde jede Resolution mit einem Veto blockieren, die dem Regime in Damaskus Sanktionen androhe. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon konferiert am Mittwoch in Peking mit Präsident Hu Jintao, doch auch in der Haltung Chinas zeichnet sich keine Bewegung ab. Dagegen äußerte die US-Regierung die Befürchtung, das Gemetzel zwischen den Religionsgruppen in Syrien könne sich schon bald in die gesamte Region ausdehnen.

Bildergalerie: Proteste in Syrien

In Damaskus operierten am Dienstag zum ersten Mal Kampfhubschrauber im Tiefflug über den südlichen und östlichen Trabantenstädten Hajar Al Aswad und Qaboon. Die Armee nahm mit Raketenwerfern und schweren Maschinengewehren wahllos Wohnblocks unter Feuer. Tausende Bewohner versuchten in Panik, aus den Kampfzonen zu fliehen und ihr Leben zu retten.

Selbst auf Plätzen und Straßen nahe der weltberühmten Altstadt gab es erstmals heftige Schusswechsel. Augenzeugen berichteten, bewaffnete Sicherheitskräfte seien mit Kalaschnikows im Anschlag über den Sabaa Bahrat Platz im Herzen der Hauptstadt gerannt. Auch aus anderen Teilen des Landes meldeten die Rebellen militärische Erfolge. In der Provinz von Homs haben sie nach eigenen Angaben die Armee von zahlreichen Straßensperren vertrieben. Im Gegenzug nahmen Assads Elitetruppen den Stadtteil Hamidiyeh in Hama erneut unter Feuer, wo bereits am Vortag mehr als 30 Menschen durch Raketen und Granaten umgekommen waren.

Der abtrünnige syrische Botschafter im Irak, Nawaf Fares, warnte im britischen Sender „BBC“ davor, das bedrängte Baath-Regime könnte demnächst auch chemische Waffen einsetzen. „Ich bin überzeugt, wenn Baschar al Assad von seinem Volk noch weiter in die Ecke gedrängt wird, wird er zu diesen Waffen greifen“, sagte der Diplomat, der sich inzwischen in Katar aufhält. Den Diktator nannte er „einen verwundeten Wolf“, der entschlossen sei, die ganze Bevölkerung auszuradieren, um seine Macht zu retten.

Als Folge der eskalierenden Gewalt suchen immer mehr Syrer in Nachbarländern Schutz. Seit April habe sich die Zahl der im Ausland offiziell registrierten syrischen Flüchtlinge auf 112 000 Personen nahezu verdreifacht, teilten die UN in Genf mit. Drei Viertel von ihnen seien Frauen und Kinder, erläuterte Adrian Edwards, Sprecher des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR). Die Organisation geht davon aus, dass tatsächlich wesentlich mehr Syrer über die Grenzen geflohen sind.

Viele der Flüchtlinge in der Türkei, in Jordanien, im Libanon und im Irak würden sich erst dann offiziell registrieren und um Unterstützung bitten, wenn ihre eigenen Vorräte aufgebraucht seien, erläuterte Edwards und fügte hinzu, die Vereinten Nationen seien diesen vier Staaten dankbar dafür, „dass sie weiterhin ihre Grenzen offen halten und Flüchtlinge willkommen heißen“.

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