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Der syrische Botschafter im UN-Sicherheitsrat, Bashar Jaafari, und sein chinesischer Kollege Li Baodong unterhalten sich vor der Abstimmung zur Syrien-Resolution.

© reuters

Syrien-Resolution: Russland und China versuchen, ihr Veto im UN-Sicherheitsrat zu rechtfertigen

„Wir bedauern diesen Ausgang“, erklärte Moskaus Botschafter Witali Tschurkin. Russland habe im UN-Sicherheitsrat einen Kompromiss finden wollen. Nach Angaben der Opposition ging in Syrien auch am Sonntag das Töten weiter.

Mehr als 50 Menschen starben in allen Teilen des Landes, viele durch Scharfschützen, die Trauerzüge unter Feuer nahmen. Die „Freie Syrische Armee“ erklärte durch einen Sprecher, die Moral der regulären Truppen werde immer schlechter. Viele Einheiten seien in einem „erbärmlichen Zustand und stehen kurz vor dem Kollaps“.

Derweil versuchten Russland und China, ihr Verhalten im UN-Sicherheitsrat zu rechtfertigen. „Wir bedauern diesen Ausgang“, erklärte Moskaus Botschafter Witali Tschurkin. Russland habe einen Kompromiss finden wollen. „Aber diese Versuche wurden von Ländern unterlaufen, die zu viel wollten, sogar einen Regimewechsel.“ Sein chinesischer Kollege Li Baodong sagte, solange die Verhandlungspartner noch uneins seien, trage eine Abstimmung weder zur Geschlossenheit und Autorität des Sicherheitsrats noch zur Lösung des Konflikts bei. Russlands Außenminister Sergej Lawrow will am Dienstag nach Damaskus reisen, um mit Assad über einen „politischen Ausweg“ aus dem Konflikt zu sprechen.

Mit ihrem Veto gegen eine Syrien-Resolution des Weltsicherheitsrats haben Russland und China am Wochenende weltweit Empörung und Kritik ausgelöst. Westliche und arabische Staaten äußerten ihr Unverständnis über das Nein beider Großmächte zu einem Text, der die Untaten des Regimes von Damaskus verurteilen sollte. Dagegen hatten 13 der 15 Mitglieder die arabisch-europäische Entschließung befürwortet.

„Das ist eine große Enttäuschung für die Menschen in Syrien und dem ganzen Nahen Osten, für alle Unterstützer von Demokratie und Menschenrechten“, erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. Das Votum „unterhöhle die Vereinten Nationen“, ungewöhnlich harsche Worte für den UN-Chefdiplomaten aus Südkorea. Die UN-Botschafterin der Vereinigten Staaten, Susan Rice, wurde noch deutlicher: „Wir sind angewidert, dass einige Mitglieder uns davon abhalten, unsere Pflicht zu tun.“ Der Rat werde seit Monaten „in Geiselhaft gehalten von zwei Ländern, die nur an ihre eigenen Interessen denken.“

Frankreichs UN-Botschafter Gérard Araud warf Russen und Chinesen vor, sie hätten nun „das Blut des syrischen Volkes an ihren Händen“. Außenminister Guido Westerwelle sprach von einem „Veto gegen die Menschen in Syrien“, die Opposition in Syrien von einer „Lizenz zum Töten“. US-Außenministerin Hillary Clinton warnte vor einem Bürgerkrieg. Internationale Hilfsorganisationen reagierten schockiert.

Kurz vor der Abstimmung in New York hatte die syrische Armee nach Angaben von Menschenrechtsgruppen am Samstag in der Stadt Homs ein bisher beispielloses Massaker an Bewohnern verübt. Stundenlang und systematisch wurden die sunnitischen Wohnviertel Khalidiyeh, Bab Amr und Qusur mit schwerer Artillerie und Panzerraketen unter Feuer genommen. Wie die „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ in London und der „Syrische Nationalrat“ bestätigten, starben mindestens 230 Menschen in ihren Häusern, von denen dutzende total zerstört wurden. Über tausend Bewohner wurden verletzt, darunter viele Frauen und Kinder. Das Regime in Damaskus bestritt diese Berichte und tat sie als „hysterische Propaganda-Kampagne bewaffneter Gruppen“ ab. Die Toten „auf den Bildern der Satellitenkanäle“ seinen in Wirklichkeit von Bewaffneten entführt und hingerichtet worden.

Amateurvideos aus Homs zeigten panische Szenen aus der Moschee des bombardierten Stadtteils Khaldiyeh, die als provisorische Notaufnahme für Verletzte hergerichtet worden war. Auf dem Boden des Gotteshauses waren auch zahlreiche Tote zu sehen. Andere Bilder dokumentierten die verzweifelten Versuche von Bewohnern, ihre brennenden Häuser zu löschen.

Homs, das teilweise aussieht wie eine Ruinenstadt, gilt seit Monaten als Hochburg des Widerstands gegen das Assad-Regime. Ganze Straßenzüge sind bereits unter der Kontrolle der „Freien Syrischen Armee“, andere Viertel nach wie vor im Griff des Regimes. Möglicherweise ist das Massaker eine Vergeltungsaktion für den Überfall von Deserteuren auf einen Armeeposten im Stadtteil Khaldiyeh, bei dem 19 Soldaten getötet oder gefangen genommen wurden.

Aus Protest gegen das Blutvergießen stürmten Regimegegner in zahlreiche europäischen und arabischen Hauptstädten die syrischen Botschaften und verwüsteten das Inventar. Den schwersten Schaden nahm die Vertretung in Kairo im Stadtteil Garden City. Die Demonstranten zündeten das Gebäude an, es brannte teilweise aus. Tunesien kündigt an, den syrischen Botschafter des Landes zu verweisen und forderte alle anderen arabischen Staaten auf, das Gleiche zu tun.

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