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Syrische Flüchtlinge in einem Lager in Jordanien.

© Reuters

Syrien: Weiter keine Aufnahme von Flüchtlingen

Am Mittwoch gab das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen bekannt, dass die Zahl der syrischen Flüchtlinge auf eine Million angestiegen ist. Diese Marke sollte Einschätzungen zufolge erst im Sommer erreicht werden. Sie erhöht den Druck auf Deutschland und die EU-Staaten, Flüchtlinge aufzunehmen.

Trotz der alarmierenden Zahl nimmt die Bundesregierung bisher keine Flüchtlinge aus Syrien auf. Das Bundesinnenministerium wartet auf einen Hilfsappell des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), der die Staatengemeinschaft zur Aufnahme von syrischen Flüchtlingen auffordert. Da dieser bisher ausgeblieben sei, habe die Hilfe vor Ort „oberste Priorität“, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Im September hatte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) im Bundestag gesagt, sobald der Appell eingehe, werde sich die Europäische Union verständigen und Deutschland „sofort handeln“.

Flüchtlingsverbände wie Pro Asyl, die Kirchen, aber auch die Grünen-Fraktion im Bundestag fordern, dass sich Deutschland zur Aufnahme von Flüchtlingen durchringt. Die Argumentation der Bundesregierung, dass Hilfe vor Ort geleistet werden muss, sei nach zwei Jahren des Krieges nicht mehr akzeptabel, meint Bernd Mesovic von Pro Asyl. „Die Lage in den Aufnahmelagern wird immer dramatischer“, berichtet der stellvertretende Geschäftsführer. Außerdem sei es keine Lösung, dass sich die Flüchtlinge auf eigene Faust auf den Weg nach Europa machten und dabei enorme Risiken eingingen.

Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz kritisiert die Warterei der EU-Staaten. „Der UNHCR wird nicht zur Aufnahme von Flüchtlingen auffordern, wenn er befürchtet, einen Korb zu bekommen“, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete. Er fordert, dass in Deutschland lebende Syrer, die genügend Wohnraum haben, ihre Angehörigen unbürokratisch zu sich holen dürfen. „Es leben 40.000 bis 50.000 Syrer in Deutschland, das wäre eine große Entlastung für die Nachbarländer Syriens, die derzeit die Flüchtlinge aufnehmen.“

„Wir sollten ein Zeichen setzen und denen die Aufnahme ermöglichen, die Familie in Deutschland habe“, sagt auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP). „Man muss sich das einmal vorstellen, dass die Verwandten zu Hause sitzen und ihre Familie nicht zu sich holen können.“ Dazu könne Deutschland auch „von sich aus tätig werden“. Löning forderte den Innenminister im Januar in einem Brief zu einer Gruppenaufnahme von Flüchtlingen auf. „Über ein herkömmliches Visum nach Deutschland zu kommen, ist für syrische Flüchtlinge schwierig, weil dazu immer die Rückkehrabsicht ersichtlich sein muss. Daher sind herkömmliche Visa keine Lösung“, sagte Löning dem Tagesspiegel.

Deutschland ist nach den USA der zweitgrößte Geldgeber für humanitäre Hilfe in Syrien. In diesem Punkt sei Deutschland ein „verlässlicher Partner, der seine Zusagen auch einhält“, sagt ein UNHCR-Sprecher. Seit Beginn der Krise half die Regierung nach Angaben des Auswärtigen Amtes mit 118 Millionen Euro. Nicht alle Staaten seien so vorbildlich, beklagt der UNHCR-Sprecher. „Viele Staaten sagen Mittel zu, die sie nie zahlen.“

Die Zahl der Syrer, die über Schlepper den Weg nach Deutschland finden, steigt stetig. Allein im Januar stellten 1.060 Syrer einen Asylantrag, im Dezember waren es noch 588 gewesen und im gesamten Jahr 2012 6.200 Anträge. Syrer stellen derzeit die größte Gruppe unter den Antragsstellern dar. Eine Abschiebung droht ihnen derzeit nicht. Sie werden einstweilig geduldet. Ende April 2011 erging ein Abschiebestopp.

Carolin Henkenberens

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