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Politik: Syrische Armee schickt Panzer in Protesthochburg

Tote in Küstenstadt Banias / Opposition formuliert Forderungen an Diktator Assad

Damaskus/Kairo - Die Opposition in Syrien macht Präsident Baschar al Assad ein Angebot: Führt er das Land in die Demokratie, soll ihm die Gewalt gegen seine Gegner verziehen werden. Doch der Staatschef schickt lieber seine Truppen – und lässt laut Opposition drei demonstrierende Frauen erschießen.

Die Opposition legte erstmals seit Ausbruch der Proteste vor sieben Wochen so etwas wie einen Forderungskatalog an al Assad vor. Auf der Facebook-Seite „Syrian Revolution 2011“, die als maßgebendes Medium der Demokratiebewegung dient, werden ein Ende der Gewalt gegen die Demonstranten, politische Freiheit und demokratische Wahlen innerhalb von sechs Monaten, nicht aber der sofortige Rücktritt Assads gefordert.

„Die Lösung ist einfach“, hieß es in dem an Assad gerichteten Facebook-Eintrag. „Hören Sie auf, auf die Demonstranten zu schießen, erlauben Sie friedliche Demonstrationen, entfernen Sie alle Bilder von Ihnen und Ihrem Vater, lassen Sie alle politischen Gefangenen frei und erlauben Sie politischen Pluralismus und freie Wahlen innerhalb von sechs Monaten.“ Assad könnte „zum Stolz des gegenwärtigen Syrien“ werden, wenn er das Land von der Diktatur in die Demokratie führt. „Die Syrer wären Ihnen dankbar dafür, und es kann getan werden“, schloss der Aufruf. Die Kritik der Opposition an den Bildern bezieht sich auf den allgegenwärtigen Personenkult, den das Regime um Assad und seinen Vater Hafis betreibt. Assad junior hatte den im Jahr 2000 gestorbenen Langzeit-Herrscher im Amt beerbt.

Doch nach einem Ende der Gewalt sieht es nicht aus. Drei demonstrierende Frauen wurden nach Angaben der Opposition erschossen, weil sie auf einer Fernstraße vor den Toren der Küstenstadt Banias öffentlich die Freilassung ihrer inhaftierten Angehörigen gefordert hatten. Fünf weitere Demonstranten erlitten Verletzungen, berichteten Aktivisten. Banias ist nach der südlichen Stadt Daraa die zweite Rebellen-Hochburg, in die das Militär einrückte. Insgesamt starben seit Mitte März mindestens 700 Menschen durch die Gewalt des Regimes, wie Menschenrechtsorganisationen schätzen.

In Banias kappten die Behörden parallel zum Truppenaufmarsch die Stromversorgung sowie die Telefon- und Internet-Verbindungen. Die Geschäfte hätten geschlossen, die Bewohner wagten sich nicht aus ihren Häusern, sagte ein Augenzeuge dem arabischen Nachrichtensender Al Dschasira. Nach Angaben eines Menschenrechtsvertreters patrouillierten vor der Küste Marineschiffe.

Die Militäraktionen dienen der Absicherung von Polizei- und Geheimdienstoperationen zur Verhaftung und Verschleppung von Regimegegnern und zur Unterdrückung von neuen Protesten. „Wir haben wirklich Angst, dass sich bei uns wiederholt, was in Daraa passiert ist“, sagte ein Augenzeuge aus Banias. Nach Angaben von anderen Aktivisten drangen die Soldaten mit den Panzern aus drei Richtungen in sunnitische Bezirke vor, in denen die Bevölkerung sich Präsident Assad widersetzt hatte. Die Stadtteile mit alawitischer Bevölkerung – die mächtige Minderheit in dem arabischen Land – seien nicht betroffen. Einwohner hätten „menschliche Schutzschilde gebildet“, um die Panzer an ihrem Vordringen zu hindern.

Als Reaktion auf die brutale Unterdrückung der Opposition verhängte die Europäische Union am Freitag Sanktionen gegen Vertraute aus dem Umfeld Assads, nicht aber gegen den syrischen Staatschef selbst. Konkret beschlossen wurde ein Waffenembargo, Reisebeschränkungen gegen Vertreter des Staates und das Einfrieren von Vermögenswerten. Auch die USA drohten der syrischen Führung mit weiteren Sanktionen. dpa/AFP

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