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Politik: Tag der offenen Tür: Auch beim Strom spart Eichel

Eins stellt der Finanzminister lieber gleich zu Beginn klar: "Ich bin ein sparsamer Mensch." Hans Eichel sagt das nicht defensiv, etwa in dem Sinne: Ich komme aus Schwaben, aber ich verspreche Besserung.

Eins stellt der Finanzminister lieber gleich zu Beginn klar: "Ich bin ein sparsamer Mensch." Hans Eichel sagt das nicht defensiv, etwa in dem Sinne: Ich komme aus Schwaben, aber ich verspreche Besserung. Nein, Hans Eichel sagt: "Ich brauche kein großes Auto." Oder: "Nehmen Sie Energiesparlampen, die halten länger und verbrauchen weniger Strom." Diese Lebenseinstellung hat Hans Eichel zur Leitlinie seiner Politik gemacht, seit er Finanzminister ist, und sie trägt ihm in der Öffentlichkeit und an diesem Sonntag reichlich Applaus ein. Eichels Finanzressort hat, wie alle Ministerien, an diesem Wochenende zum Tag der Offenen Tür geladen, und weil ein Ministerium ohne Minister irgendwie leer wirken würde, steht der Hausherr für eine Stunde zur Befragung zur Verfügung.

Mit dem Minister kommen die Berliner, einige Hundert gleich, so dass der große Saal mit den Maßen einer durchschnittlichen Schulaula so voll ist, dass das Publikum dicht gedrängt bis auf die Treppe steht. Der Moderator hat darauf gewettet, dass gleich eine Frage zum Euro gestellt wird, aber offenbar hat die mediengerechte Versteigerung der Handylizenzen so gut funktioniert, dass das erste halbe Dutzend Fragen zu den UMTS-Gewinnen kommt. Auf dieses Thema wiederum hat Eichel gewettet, "um eine Kiste Champagner, dass ich weniger als 100 Milliarden einnehme". Tatsächlich waren es 99,4 Milliarden. "Jetzt habe ich 99,4 Milliarden Mark und eine Kiste Champagner bekommen", sagt Eichel, "eine Punktlandung, oder?" Die Anekdote hat vielleicht keine Harald-Schmidt-Qualitäten, aber Eichel bekommt dafür Applaus, den zweiten an diesem Tag. Der erste kam bereits bei den zu großen und Energie fressenden Autos und der Sparsamkeit.

Die UMTS-Milliarden also, sagt Eichel, "bei denen wäre es völlig unverantwortlich, sie gleich wieder auszugeben." Zugegeben, ein Finanzhaushalt gehört nicht zu den Themen, denen besonders viel Sexappeal zugestanden wird. Insofern wird der Vortrag des Ministers etwas staubig, als er über die Staatsverschuldung in Höhe von 1,5 Billionen Mark und die jährlichen Zinsen in Höhe von 82 Milliarden Mark doziert, und dass er "nicht wie im Märchen der Hans im Glück" sei, "nur weil wir da einen Zufallsfang gemacht haben".

Das Volk hat auch einige Ideen, wie dem Haushalt geholfen werden kann: Die Aktiengewinne besteuern, die Beteiligungen der Banken überprüfen, die Sozialhilfe kürzen. Eichel hat zu jeder Anregung eine höfliche Antwort parat, und sämtliche Verteilungswünsche kontert der Minister umgänglich, aber hart in der Sache: Das Kindergeld anheben, das Bafög verbessern, die Bahn ausbauen, vieles an ursozialdemokratischen Ideen eben.

Eichel sagt das so überzeugend, dass ihm das Publikum folgt. Ganz richtig, nicken die Leute, von denen viele wie eine Volksvariante des Ministers aussehen, bodenständig, ordentlich gekleidet, mit Kassenbrille und das Haar gepflegt gescheitelt. Nach einer Stunde Fragen und Antworten über Halbeinkünfteverfahren, Rentenbesteuerung und die Ökosteuer macht sich Eichel auf nach München. Vorher, kündigt der Moderator an, gibt es noch Autogramme. Einige Dutzend Zuschauer drängen nach vorne, umlagern Eichel und halten ihm Zettel zum Signieren hin. Hans Eichel lächelt und unterschreibt. So sieht ein sparsamer Popstar aus.

Holger Stark

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