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Politik: Teile und herrsche

Personalpolitik ist Machtpolitik und Umstrukturierungen bieten Gelegenheit, neue Machtkonstellationen zu schaffen. Deshalb geben sie immer auch Anlass für Intrigen, Gerüchte und Proteste.

Personalpolitik ist Machtpolitik und Umstrukturierungen bieten Gelegenheit, neue Machtkonstellationen zu schaffen. Deshalb geben sie immer auch Anlass für Intrigen, Gerüchte und Proteste. So kam beispielsweise der Eindruck zu Stande, in der EU-Kommission sei man froh, den einflussreichen stellvertretenden Generalsekretär Bernhard Zepter loszuwerden. Zepter kandidiert in Freiburg im Breisgau für das Oberbürgermeisteramt. Zepter hat einen der begehrten Direktorenposten in der Kommission, sollten die Freiburger im Mai Zepters Gegenkandidatin wählen, kann er in die EU-Kommission zurückkehren. Allerdings auf eine andere Position. Denn in Brüssel soll jetzt rotiert werden.

Die neuen Regeln für die Personalpolitik, die am Mittwoch von den 20 EU-Kommissaren beschlossen wurden, sollen mehr Mobilität und Transparenz ermöglichen und Erbhöfe abschaffen. Dass sich die hohen Beamten auf ihre nächste Stelle bewerben müssen, kann den Vorteil haben, dass nicht Nationalität und Beziehungen, sondern auch Qualifikation bei Stellenbesetzungen entscheiden. Für Deutschland, das bisher die meisten leitenden Beamtenposten innehatte, bedeutet die Rotation, dass es in Zukunft eher weniger bedeutende Positionen in der Kommission besetzt.

Von politisch höherer Bedeutung könnte eine andere Struktur-Entscheidung sein, die in Brüssel vorbereitet wird: Nach der Erweiterung soll die Dauer der Ratspräsidentschaften verlängert werden. Mehrere Mitgliedstaaten sollen dann an der Präsidentschaft beteiligt werden. Die Arbeitsbereiche könnten aufgeteilt werden. Das Ratssekretariat insgesamt bekäme so mehr Einfluss. Gegenwärtig wechselt die Präsidentschaft halbjährlich unter den Mitgliedstaaten.

Doch hohe EU-Beamte halten es für ausgeschlossen, dass neue oder kleine Mitglieder (Malta/Estland) die Ratspräsidentschaft allein übernehmen können. "Dazu sind sie nicht in der Lage", meint ein Beamter. Damit trotzdem alle Mitglieder vertreten sind, müsse die Außenvertretung der EU in Zukunft stärker an den Generalsekretär und Hohen Beauftragten für die Außen- und Sicherheitspolitik als an die Präsidentschaft angebunden werden. Sowohl Ratsadministration als auch Kommission befürworten das, weil so die EU-Institutionen gestärkt werden. Einhellig heißt es, nur so könne verhindert werden, wovor die kleinen Mitgliedstaaten Angst haben: Ein kürzlich vom britischen Regierungschef Tony Blair vorgeschlagenes politisches Direktorium, zu dem Großbritannien, Frankreich und Deutschland gehören könnten. Die Vorstellung von einem institutionalisierten politischen Führungsgremium löste sofort Empörung bei den übrigen Mitgliedern aus.

Faktisch wird zwar auf EU-Ebene keine Entscheidung gefällt, wenn die drei Großen sie ablehnen. Auch im Ratssekretariat und in der Kommission kann gegen London, Berlin und Paris nichts durchgesetzt werden. Doch soll dies nicht formalisiert werden. "Die Zusammenarbeit der großen Drei muss informell bleiben. Wenn das gelingt, können Schröder, Chirac und Blair absprechen, was sie wollen", sagt ein hoher Ratsbeamter, der auch das politische Geschäft in den Hauptstädten kennt.

In der EU-Kommission wird der Vorschlag Blairs deshalb auch lediglich als Versuch der Briten begrüßt, sich stärker in das EU-Geschäft einzumischen. Ein politisches Direktorium werde die Kommission aber nicht zulassen. Ohnehin könnten die Vorschläge des Ratssekretariates nur dann umgesetzt werden, wenn sie von einer Regierungskonferenz beschlossen würden, denn es seien Vertragsveränderungen notwendig. Sie auszuarbeiten, sei Sache des Konvents.

Mariele Schulze Berndt

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