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Terrorcamps: Kritik an Anti-Terror-Paragraphen

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries will den Bedrohungen des islamistischen Terrorismus mit zwei neuen Paragrafen begegnen, damit künftig auch Einzeltäter bei der Vorbereitung von Terroranschlägen härter bestraft werden können. Von Union und Opposition gibt es dafür nur Kritik.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat zwei neue Anti-Terror-Paragraphen vorgelegt, die bereits mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble abgestimmt sein sollen und am Montag den Bundesländern zugeleitet werden. Die Bundesanwaltschaft wird es freuen: Islamistische Terroristen operieren oftmals allein. Deshalb greift der  Paragraf 129a des Strafgesetzbuchs, der die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung unter Strafe stellt, häufig nicht. Denn eine terroristische Vereinigung besteht erst dann, wenn der Gruppe mindestens drei Mitgliedern angehören.

Die geplanten Maßnahmen werden von der Union als unzureichend kritisiert. "Wir sollten uns davor hüten, reine Symbolpolitik zu machen", sagte Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Wenn nach dem Aufenthalt in einem Terrorcamp einem Verdächtigen die Absicht eines späteren Anschlags nachgewiesen werden müsse, dann werde die Strafverfolgung in der Praxis keine Rolle spielen, sagte er. "Diesen Nachweis macht Ihnen jeder gute Strafverteidiger zunichte." Das letzte Wort über die neuen Vorschriften sei noch nicht gesprochen. "Darüber wird mit der SPD noch zu verhandeln sein", kündigte Bosbach an.

FDP kritisiert Gesetzentwurf als Gesinnungsstrafrecht

Auch Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) nannte die Pläne nicht praktikabel. Es sei dringend notwendig, die Teilnahme an Terrorcamps zu bestrafen. Die von Zypries gesetzte Hürde sei jedoch viel zu hoch. Der Nachweis, dass jemand einen konkreten Anschlag plane, sei schwer zu erbringen.

Die innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, bezeichnete die Regierungspläne hingegen als "weiteren Schritt hin zu einem Gesinnungsstrafrecht". Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Jörg van Essen, sprach von einem Placebo-Gesetz. Zypries bleibe die Antwort schuldig, wie der Nachweis geführt werden solle, dass jemand einen Anschlag vorhabe.

Der schleswig-holsteinische SPD-Landesvorsitzende Ralf Stegner verteidigte den Gesetzentwurf von Zypries. Er müsse sich an der Verfassung orientieren, sagte er im Deutschlandfunk. "Und wenn Herr Bosbach sagt, wir seien halbherzig,  dann besteht die Halbherzigkeit, weil wir ja unsere Verfassung achten wollen."

"Vorbereitung einer Straftat" und "Anleitung zu einer Straftat"

Künftig soll nach dem Willen der Ministerin der neue Paragraf 89a die "Vorbereitung einer Gewalttat" ahnden und Paragraf 91 die "Anleitung zu einer Gewalttat". Zu den so genannten Vorbereitungshandlungen zählen demnach etwa das Spendensammeln für schwere Anschläge oder das Beschaffen von Chemikalien wie im Fall der so genannten Sauerland-Bomber, die für geplante Anschläge auf US-Einrichtungen große Mengen an Wasserstoffperoxid gekauft hatten. Und es zählt grundsätzlich auch eine Terror-Ausbildung dazu.
 
Doch ein Aufenthalt etwa in einem Camp des Terrornetzwerks Al Qaida kann nach Paragraf 89a nur dann mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden, wenn der Nachweis gelingt, dass mit der Ausbildung eine schwere terroristische Gewalttat vorbereitet werden sollte. Gelingt dies nicht, bleibt die eigentliche Terrorausbildung straflos.

Bombenbaupläne im Internet strafbar

 
Allerdings kann die Kontaktaufnahme mit einer terroristischen Vereinigung für solch eine Ausbildung bereits mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden. Dies sieht Paragraf 91 vor, der neben der "Aufnahme von Beziehungen" zu Terrororganisationen auch "das Verbreiten oder Anpreisen" von Terror-Anleitungen etwa im Internet bestraft. Dazu müssen die Behörden nicht nachweisen, dass solche Bombenbaupläne für "bestimmte" Straftaten gedacht sind. Für eine Haftstrafe reicht es laut Entwurf künftig völlig aus, wenn die insgesamt islamistische oder rechtsradikale Homepage "objektiv geeignet" ist, die Bereitschaft zum Begehen von Straftaten "zu fördern oder zu wecken".
 
Aber auch wer sich solche Baupläne zur Begehung von Straftaten aus dem Internet herunterlädt, soll mit drei Jahren Haft bestraft werden können. Zypries nennt als Beispiel die Kölner Kofferbomber, die sich die Bombenbauanleitungen im Internet besorgt hatten. Zudem soll das Aufenthaltsrecht verschärft werden, um verdächtige Ausländer künftig leichter ausweisen oder an der Rückreise aus einem Terrorcamp nach Deutschland hindern zu können. (nim/AFP/dpa)

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