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Francisco Javier Lopez Pena

© AFP

Terrorgruppe: ETA verliert ihren Kopf

Die französische Polizei hat den Chef der baskischen Terrorgruppe Eta festgenommen. Der 49-Jährige Kopf der Truppe war 25 Jahre auf der Flucht.

Eine graue, unscheinbare Fassade. Eine Wohnung im zweiten Stock eines Altbaus in Bordeaux gleich neben dem Hauptbahnhof. Das war die Zentrale der baskischen Terrororganisation ETA – rund 200 Kilometer von Spanien und der nordspanischen Baskenregion entfernt. Die Nachbarn ahnten nichts. Sie fielen aus allen Wolken, als die Polizei in der Nacht das konspirative Versteck stürmte und den Chef der ETA, den 49-jährigen Francisco Javier Lopez Pena, festnahm, zusammen mit drei weiteren Führungsmitgliedern, darunter eine Frau. Alle waren bewaffnet, leisteten aber keinen Widerstand. Wenig später wurden in Südfrankreich und Nordspanien zwei weitere mutmaßliche Terroristen festgenommen.

Als der ETA-Anführer, der unter dem Kampfnamen „Thierry“ bekannt ist, in Handschellen aus dem Haus zum Polizeiwagen geführt wird, schreit er mit hassverzerrtem Gesicht: „Freiheit für das Baskenland.“ Diese Parole beschreibt das Fernziel, das seine Terrorbewegung seit 40 Jahren mit Bombenanschlägen und Genickschüssen erzwingen will.

Erst vor einer Woche hatte „Thierry“ einem seiner Kommandos wieder einen Mordbefehl gegeben: Eine 300-Kilo- Bombe vor einer Polizeikaserne im nordspanischen Baskenland tötete einen Beamten. Kurz vor der spanischen Parlamentswahl im März war ein sozialdemokratischer Lokalpolitiker im Baskenland mit Schüssen aus nächster Nähe getötet worden. Insgesamt brachte die ETA mehr als 800 Menschen um.

Seit gut 25 Jahren lebt der Berufsterrorist aus der baskischen Kleinstadt Galdakao im Untergrund. Zunächst als einfacher ETA-Aktivist, der im Baskenland mit Anschlägen „Volksfeinde“ bekämpfte. In den 90er Jahren stieg „Thierry“ zu einem der Strategen, Ausbilder und Logistikchefs der ETA auf. Er kümmerte sich um die Waffen- und Sprengstoffbeschaffung. Suchte in Südfrankreich und Nordspanien Verstecke für die Terrorkommandos und für ihr tödliches Arsenal. Warb unter jungen baskischen Extremisten neue Terroristen an. Und organisierte in Wäldern und Kellergeschossen „Terrorkurse“, in denen der ETA-Nachwuchs Bombenbauen und Schießen lernte.

Weil ihm die Polizei damals schon einmal auf der Spur war, verließ er vorübergehend Europa. Floh unter falschem Namen nach Lateinamerika, wo Dutzende ETA-Aktivisten untergeschlüpft sind. Als sich die Lage beruhigt hatte, tauchte er in Südfrankreich auf, wo die Fahnder vor vier Jahren wieder Spuren von ihm fanden. Etwa zu jener Zeit, als das damalige Gehirn der ETA, Mikel Antza, verhaftet worden war und ein Vakuum in der ETA-Führung hinterlassen hatte. Dies förderte „Thierrys“ Aufstieg. Spätestens Ende 2006 wurde er endgültig zur Nummer eins des politischen und militärischen ETA-Apparates: Dem ETA-Netz gehören mehrere hundert gewaltbereite und tausende politische Aktivisten an.

„Thierry“ führte damals, in einem Geheimtreffen zwischen der spanischen Regierung und der ETA in der Schweiz, persönlich die Terroristendelegation an. „Thierry“ drohte unverblümt mit „Konsequenzen“, wenn die ETA-Forderung nach einem unabhängigen Baskenstaat nicht erfüllt werde. Spaniens sozialdemokratischer Regierungschef Jose Luis Zapatero, der nicht persönlich dabei war, weigerte sich, darauf einzugehen. Wenige Tage später sprengte die ETA ein Parkhaus des Madrider Flughafens in die Luft und tötetet zwei Menschen. Dies war das Ende eines vorübergehenden Waffenstillstandes – und zunächst auch der Friedenshoffnungen in Spanien.

Ralph Schulze

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