zum Hauptinhalt

Terrorismus: Al Qaida drängt sich in die Revolte

Sie wollen mitmischen, wenn Muslime revoltieren. Al Qaida hat im Internet den Aufstand in Tunesien begrüßt und Vergeltung "gegen die Folterer" des Diktators Zine el Abidine Ben Ali angekündigt.

Von Frank Jansen

Berlin - Bereits am vergangenen Donnerstag wurde „Unterstützung“ angeboten. „Schickt uns eure Söhne, damit sie eine militärische Ausbildung bekommen“, deklamierte Abdelmalek Drukdal, der Anführer der nordafrikanischen Filiale „Al Qaida im islamischen Maghreb“ (AQM), in einem Video. Der Algerier empfahl den Tunesiern auch die Einführung der Scharia, des islamischen Rechts. Dass Ben Ali einen Tag nach Bekanntwerden der Botschaft floh, wird Al Qaida womöglich nun auch als eigenen Erfolg verbuchen – doch die Terrororganisation überschätzt sich gewaltig.

Trotz der Gefahr, die von AQM ausgehe, sei Drukdals Video „nur eine Fußnote“, sagte Guido Steinberg, Terrorismusexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik, am Montag dem Tagesspiegel. Eine Beteiligung von AQM am Volksaufstand sieht er nicht. Ein Grund: Mit brutaler Repression habe das Regime von Ben Ali verhindert, dass AQM in Tunesien Strukturen aufbauen konnte. Allerdings werde sich jetzt, „wo der Deckel auf dem Kessel weg ist“, zeigen, ob Al Qaida in Tunesien „etwas mehr Potenzial hat“. Ein Indikator könnte sein, ob nun mehr Tunesier nach Algerien reisen, um sich dort in AQM-Camps ausbilden zu lassen.

Steinberg verwies zudem auf militante Aktionen in der Vergangenenheit. Sie belegen, dass es selbst einem Ben Ali nicht gelang, den islamistischen Terror komplett aus Tunesien herauszuhalten – wie auch die Bundesrepublik erfahren musste. Im April 2002 sprengte sich vor einer Synagoge auf der Urlaubsinsel Djerba ein Al-Qaida-Mann in die Luft. 21 Menschen starben, darunter 14 Deutsche. Im März 2003 nahm die Polizei in Berlin den tunesischen Islamisten Ihsan G. fest, der zum Beginn des Irakkrieges Anschläge auf US-amerikanische und jüdische Einrichtungen geplant hatte. Und im Winter 2006/2007 gelang es den tunesischen Sicherheitskräften erst nach mehreren Gefechten mit Dutzenden Toten, eine größere Gruppe von AQM-Kämpfern zu besiegen.

Steinberg warnt, Al Qaida könnte auf bizarre Weise davon profitieren, dass der Umbruch in Tunesien islamische Diktatoren ängstigt. „Sie werden vermutlich die Repression noch steigern“, sagt er. „Das ist vor allem in Libyen zu erwarten.“ Doch Unterdrückung erleichtere Al Qaida die Propaganda.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false