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Osama bin Laden

© ddp

Terrorismus: www.al-qaida.com

Dem Terrornetzwerk Al Qaida gelingt es immer schneller, seine Hasspropaganda weltweit zu verbreiten.

Von Frank Jansen

Berlin - Er brauchte nur Stunden, um aus seinem Versteck heraus der Weltöffentlichkeit mitzuteilen, wie Al Qaida den Sturm der pakistanischen Sicherheitskräfte auf die Rote Moschee bewertet. „Dieser kriminelle Angriff kann nur durch Reue oder Blut gesühnt werden“, schnarrte Aiman al Sawahiri, Vizechef der Terrororganisation, auf einem Tonband, das am Mittwoch in den einschlägigen Internetforen der Dschihadisten (Heiligen Krieger) verbreitet wurde. Nur einen Tag zuvor war eine Audiobotschaft Sawahiris mit dem Titel „Gottloses Britannien und seine indischen Sklaven“ durch das World Wide Web gerauscht. Der Stellvertreter Osama bin Ladens erregte sich über den Ritterschlag der englischen Königin Elizabeth II. für Salman Rushdie, der wegen seiner „Satanischen Verse“ weltweit von Muslimen angefeindet wird. Aber es ist nicht nur die brachiale Rhetorik des Al-Qaida-Mannes, die deutschen Sicherheitsexperten Sorgen bereitet. Sondern auch die immer kürzere Taktfolge seiner Hasstiraden.

Dass der Ägypter die Frequenz der Botschaften steigern und den Abstand zu bedeutsamen Ereignisse enorm verringern konnte, kommentiert ein Fachmann mit resignativem Unterton: „Die Spitze der Al Qaida fühlt sich heute erheblich sicherer als vor zwei, drei Jahren.“ Trotz aller pakistanischen und amerikanischen Militäroperationen sei es Osama bin Laden und Aiman al Sawahiri gelungen, im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet nun schon fast sechs Jahre auszuhalten – und den Terror zumindest propagandistisch weiter anzuheizen. Zum Vergleich: Nach dem Anschlag auf der tunesischen Ferieninsel Djerba, bei dem im April 2002 auch deutsche Touristen getötet wurden, benötigte Sawahiri ein halbes Jahr, um mit Hinweis auf das Attentat der Bundesrepublik per Tonband zu drohen.

Da befanden sich der Al-Qaida-Vize sowie bin Laden ein knappes Jahr in den pakistanischen „tribal areas“, der von Paschtunenstämmen beherrschten Region an der afghanischen Grenze. Die Al- Qaida-Führung hatte sich Ende 2001 aus Afghanistan abgesetzt, als die US-Armee schneller als erwartet das Land eroberte. Im pakistanischen Grenzgebiet waren bin Laden und Sawahiri von der Kommunikation mit der Außenwelt weitgehend abgeschnitten. Sawahiri konnte im Jahr 2002 nur die Djerba-Botschaft veröffentlichen, auch bin Laden meldete sich selten – aus Angst, die Amerikaner könnten die Kommunikationswege zurückverfolgen. Die Furcht scheint inzwischen nachgelassen zu haben. Ein Grund: Al Qaida hat längst die Chancen erkannt, die das Internet bietet.

Sicherheitsexperten beschreiben die Kommunikationslinien bin Ladens und Sawahiris, der weit öfter auftritt, so: Im Versteck wird die Rede auf ein Tonband oder Video aufgenommen. Entweder schon hier oder nach einem Transport der Botschaft durch Kuriere zu einer radikalen pakistanische Koranschule produziert die Medienabteilung von Al Qaida, „As Sahab“, professionelle Bänder, zum Beispiel mit englischen Untertiteln. Dann werden die Beiträge in Internetforen wie „Al Hesbah“ veröffentlicht.

Dass die pakistanischen Behörden diese Praxis unterbinden können, schließen deutsche Fachleute nahezu aus.

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