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Terrorprozess: Höhere Strafe für Motassadeq

Der Bundesgerichtshof hat den mutmaßlichen Terrorhelfer Motassadeq entgegen eines früheren Urteils auch der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung für schuldig befunden. Das Strafmaß muss nun ein Hamburger Gericht festlegen.

Karlsruhe - Im jahrelangen juristischen Tauziehen um die Mitverantwortung des Marokkaners Mounir al Motassadeq für die Anschläge vom 11. September 2001 hat der Bundesgerichtshof (BGH) den Schuldspruch gegen den 32-Jährigen wieder verschärft. Im Revisionsverfahren sprachen die Karlsruher Richter Motassadeq auch der Beihilfe zum Mord an den Insassen der vier Flugzeuge schuldig, die bei den Anschlägen in den USA zum Absturz gebacht worden waren. Nun muss das Oberlandesgericht Hamburg (OLG) ein neues Strafmaß festsetzen. Motassadeq war im vergangenen Jahr nur wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu sieben Jahren Haft verurteilt, vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord aber freigesprochen worden.

Der Bundesgerichtshof folgte mit seiner Entscheidung weitgehend der Revision der Bundesanwaltschaft gegen das Hamburger Urteil. Laut BGH wusste Motassadeq, dass die Todespiloten der Hamburger Terrorzelle um Mohammed Atta in den USA vier Passagiermaschinen entführen und damit Selbstmordanschläge begehen wollten. Weil der Angeklagte sie dabei logistisch unterstützte, sei er auch schuld an der Beihilfe zum Mord an den 246 Passagieren und Besatzungsmitgliedern in den vier zum Absturz gebrachten Flugzeugen.

2005 vom Beihilfevorwurf freigesprochen

Das OLG hatte Motassadeq im August 2005 vom Beihilfevorwurf noch insgesamt freigesprochen, weil er von der Dimension der Anschläge am 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington nichts gewusst habe. Dem BGH zufolge kann Motassadeq jedoch seiner Mitverantwortung für die 246 Toten in den Flugzeugen nicht entgehen, nur weil die Attentäter wesentlich mehr Menschen ermordeten, als er sich vorgestellt hatte.

Nach Ansicht der Karlsruher Richter ist es mit Blick auf die Beweislage allerdings ausgeschlossen, dass Motassadeq über die Morde an den Flugzeuginsassen hinaus eine Beihilfe zum Mord an den Menschen im World Trade Center und Pentagon nachgewiesen werden kann. Die Richter verwiesen den Fall daher nicht mehr zur Neuverhandlung, sondern nur noch zur Festsetzung einer "der Tat und Schuld angemessenen Strafe" nach Hamburg zurück, wie der Vorsitzende Richter Klaus Tolksdorf sagte.

Bereits 2003 zu 15 Jahren Haft verurteilt

Motassadeq muss nun mit bis zu 15 Jahren Gefängnis rechnen. Zu dieser Strafe war er wegen Mitgleidschaft in einer Terrorgruppe und Beihilfe zu 3000-fachem Mord bereits in einem ersten Prozess im Februar 2003 verurteilt worden. Dieses Urteil hatte der BGH aber aufgehoben, weil das OLG damals von den USA gesperrte und möglicherweise entlastende Zeugenaussagen des mutmaßlichen Drahtziehers der Anschläge, Ramzi Binalshibh, nicht genügend berücksichtigt hatte.

Motassadeqs Anwalt Udo Jacob bezeichnete die neue BGH-Entscheidung als Fehlurteil. "Motassadeq hätte freigesprochen werden müssen", sagte Jacob in Karlsruhe. Die Verteidigung hatte Revision eingelegt, weil sie auch den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nicht für erwiesen hielt. Unklar war zunächst, ob Motassadeq nach dem Karlsruher Urteil wieder in Haft genommen werden würde. Der Haftbefehl gegen den früheren Elektrotechnikstudenten war im vergangenen Februar unter Auflagen außer Vollzug gesetzt worden. Das Hamburger OLG folgte damit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. (tso/ddp)

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