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Terrorprozess in Guantánamo: "Ich will ein Märtyrer sein"

Mit einem Eklat hat am Donnerstag im US-Gefangenenlager Guantánamo das Militärverfahren gegen die mutmaßlichen Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September 2001 begonnen. Der Hauptverdächtige Khalid Sheikh Mohammed entließ zu Beginn der Anhörung seine Verteidiger und forderte die Militärrichter auf, ihn zum Tode zu verurteilen.

"Ich will ein Märtyrer werden, das ist seit langer Zeit mein Wunsch", sagte Mohammed. Unter den vier Mitangeklagten ist auch Ramzi Binalshibh, der als Cheflogistiker der Hamburger Zelle um den Flugzeugattentäter Mohammed Atta gilt. Die Anklage fordert für alle fünf die Todesstrafe.

Mohammed gilt als Drahtzieher der Flugzeuganschläge in New York und Washington. Bereits in vorangegangenen Verhören hat er sich nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums selbst der Taten bezichtigt. Bei seinem Auftritt vor Militärrichter Thomas Kohlmann sagte er am Donnerstag: "Ich brauche keinen Anwalt, ich werde mich selbst vertreten." Er fügte hinzu: "Gott allein reicht mir." Seine Ausführungen unterbrach er für Rezitationen aus dem Koran.

Es war das erste Mal seit Jahren, dass Mohammed in der Öffentlichkeit zu sehen war. Anders als auf Fotos von seiner Festnahme trug er einen langen Bart, er war sichtbar gealtert. Mohammed und die vier Mitangeklagten nahmen auf der Anklagebank Platz, ohne dass sie durch Gewaltanwendung von Seiten des Sicherheitspersonals dazu gezwungen werden mussten. Sie trugen keine Handschellen. Ihre Aussagen wurden mit 20-sekündiger Verzögerung in den Saal übertragen, in dem Journalisten das Verfahren verfolgten. Dadurch sollte dem Richter die Möglichkeit gegeben werden, die Übertragung zu unterbrechen, sobald als Staatgeheimnis gewertete Informationen zur Sprache kamen.

"Sie haben mir Worte in den Mund gelegt"

Alle Angeklagten gaben vor dem Richter an, Englisch zu sprechen und zu verstehen, aber dennoch einen Übersetzer zu wünschen. Mohammed beklagte, seine Aussagen aus früheren Verhören seien verdreht worden: "Sie haben meine Worte falsch übersetzt, und sie haben mir viele Worte in den Mund gelegt." Die Verdächtigen waren in den Jahren 2002 und 2003 von US-Ermittlern im Mittleren Osten aufgespürt und festgenommen worden. Zunächst wurden sie in Geheimgefängnissen des US-Geheimdiensts CIA festgehalten, 2006 wurden sie nach Guantánamo gebracht.

Für die militärrechtliche Aburteilung der Terrorverdächtigen wurden dort eigens sogenannte Militärkommissionen, Sondertribunale der Armee, eingerichtet. Die Anklage lautet unter anderem auf Terrorismus, Verschwörung, Mord und Sachbeschädigung. Die Rechtmäßigkeit der Militärkommissionen ist in den USA juristisch umstritten: Vor ihnen besitzen Angeklagte und Verteidigung weniger Rechte als vor ordentlichen US-Gerichten. Mehrere Angeklagte hatten zudem berichtet, sie seien in US-Gewahrsam gefoltert worden. Der US-Geheimdienst hatte zugegeben, bei Mohammed eine umstrittene Verhörtechnik namens "Waterboarding" angewendet zu haben. Menschenrechtler stufen diese als illegale Folter ein. (sba/AFP)

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