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Seit vergangenen Dienstag in Haft. Deniz Yücel in Istanbul.

© Privat/Deniz Yücel/dpa

Terrorvorwurf in der Türkei: Journalist Deniz Yücel bleibt weiter in Haft

Der "Welt"-Korrespondent sitzt noch immer im türkischen Gefängnis. Trotz internationaler Proteste wurde sein Ausnahmezustand am Montag um eine Woche verlängert.

Als ob die Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland derzeit nicht schon schwierig genug wären, ist noch dieser Fall dazugekommen: Deniz Yücel, Korrespondent der „Welt“, sitzt seit vergangenem Dienstag im Gefängnis. Am Montag wurde der Polizeigewahrsam trotz internationaler Proteste um eine Woche verlängert. Der Ausnahmezustand in der Türkei erlaubt den Behörden, vom Tag der Festnahme an zwei Wochen lang zu ermitteln, ehe ein Verdächtiger dem Haftrichter vorgeführt oder freigelassen werden muss.

Wie so vielen Andersdenkenden wirft die Türkei Yücel die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor, dazu Datenmissbrauch und Terrorpropaganda. Es geht offenbar um Verbindungen zur Hacker-Gruppe Red Hack, die E-Mails des türkischen Energieministers Berat Albayrak verbreitet hatte.

Der 43 Jahre alte Yücel hat früher auch für andere deutsche Medien geschrieben, auch für den Tagesspiegel. Er macht es einem nicht immer leicht, seine Arbeit zu schätzen. In einer Kolumne für die „Tageszeitung“ wünschte er dem teilweise im Gesicht gelähmten Thilo Sarrazin, „der nächste Schlaganfall möge sein Werk gründlicher verrichten“. Das brachte ihm eine Missbilligung des Presserats und seiner Zeitung ein Urteil zur Zahlung einer Entschädigung an Sarrazin in Höhe von 20 000 Euro ein.

Andere Medien ziehen ihre Korrespondenten ab - Yücel bleibt

Yücel besitzt die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft. Angesichts des wachsenden Drucks auf Journalisten in der Türkei haben andere Medien ihre Reporter mit Doppelstaatsbürgerschaft aus dem Land abgezogen. So versetzte die „New York Times“ kürzlich ihre Istanbuler Korrespondentin Ceylan Yeginsu nach London. Yücel dagegen gab nicht einfach auf und blieb, obwohl er schon länger im Visier der Regierung war.

Im vergangenen Jahr zog er sich den Zorn des damaligen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu und der regierungsnahen Presse zu, als er bei einer Pressekonferenz während eines Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Ankara furchtlos die Strafprozesse gegen Journalisten und das Vorgehen der türkischen Sicherheitskräfte im Kurdengebiet ansprach. Anschließend wurde Yücel als Anhänger der PKK beschimpft.

Die Bundesregierung dränge nun auf eine rasche Lösung, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Jeder Tag, den Deniz Yücel in Haft bleibt, wirkt jedenfalls wie ein Schlag der Türkei gegen die Pressefreiheit.

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