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Nach der Bombenexplosion im Zentrum von Bangkok untersuchen Polizisten die Spuren.

© Rungroj Yongrit/dpa

Update

Thailand: Neue Explosion in Bangkok - Polizei jagt Verdächtige der Anschläge

Einen Tag nach dem verheerenden Bombenanschlag im Zentrum der thailändischen Hauptstadt mit 20 Toten wird Bangkok erneut von einer Explosion erschüttert. Die Polizei hat bei ihrer Suche nach den Tätern derweil eine erste Spur.

Einen Tag nach dem Bombenanschlag in der thailändischen Hauptstadt Bangkok ist es am Dienstagmorgen erneut zu einer Explosion gekommen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP, die sich auf Polizeiangaben beruft, explodierte eine Granate auf einer Brücke mitten im Zentrum der Stadt. Ein Polizeibeamter sagte demnach, bislang gebe es noch keine Angaben über Verletzte. Offenbar hat ein Unbekannter eine Granate von einer Brücke am zentralen Taksin Pier geworfen. Hier legen mehrere Fähren für Touristen ab, die sich über den Fluss Chao Phraya bringen lassen wollen.   

Am Montagabend um 19 Uhr Ortszeit, mitten im Stoßverkehr und im Herzen von Bangkoks Downtown, hatten Unbekannte eine Bombe mit der Sprengkraft von fünf Kilogramm TNT gezündet. Die Verheerungen erinnerten an Terrorattentate in Nahost. Mindestens 20 Menschen kamen ums Leben, mehr als 125 Verletzte mussten auf 14 Krankenhäuser verteilt werden. Die Militärbehörden bestätigten ein Bombenattentat, beeilten sich aber, nicht internationalen Terrorismus, sondern innenpolitische Motive für die Tat verantwortlich zu machen: Der Nation solle geschadet und insbesondere Wirtschaft und Tourismus zerstört werden.

Die thailändischen Behörden haben ihre Angaben über die Opferzahlen bei dem Bombenanschlag in Bangkok am Dienstag korrigiert: 20, nicht 22 Menschen seien ums Leben gekommen, 125 verletzt worden. Identifiziert wurden zunächst fünf Thailänder, vier Chinesen, zwei Malaysier und ein Singapurer, wie Regierungssprecher Sansern Kaewkamnerd sagte. Ursprünglich hatte es geheißen, unter den Toten sei auch ein Philippiner.

Einen Tag nach dem Anschlag in der thailändischen Hauptstadt Bangkok haben Videos von Überwachungskameras die Polizei auf die Spur eines Verdächtigen gebracht. Gesucht werde nach einem Mann mit einem Rucksack, der sich den Aufnahmen zufolge zur fraglichen Zeit am Tatort aufgehalten habe, sagte der Chef der thailändischen Nationalpolizei, Somyot Pumpanmuang, am Dienstag vor Journalisten. Er habe ein gelbes T-Shirt getragen, seine Nationalität sei unklar. Polizisten suchten den Anschlagsort nach weiteren Spuren ab.

Nach einem männlichen Verdächtigen wird gefahndet

Nun hat eine fieberhafte Suche nach den Tätern begonnen. Der Chef der thailändischen Militärjunta, Prayut Chan-O-Cha, sagte am Dienstag, auf Bildern von Überwachungskameras sei ein männlicher Verdächtiger zu sehen, nach dem nun gefahndet werde. Er gehöre vermutlich einer regierungsfeindlichen Gruppe im Nordosten Thailands an, einer Hochburg Rothemden-Bewegung.

Prayut, der als Regierungschef fungiert, sagte weiter, der Anschlag vom Montag sei "der schlimmste Angriff" in der Geschichte des Landes.

"Die Bombe hatte das Ziel, so viele Menschen wie möglich zu töten", sagte Polizeisprecher Prawut Thavornsiri. Schließlich sei der Schrein am Abend üblicherweise gut besucht. Das Verteidigungsministerium erklärte, dass "Ausländer" das Ziel des Anschlags gewesen seien, um der für Thailand äußerst wichtigen Tourismusbranche zu schaden. Das Auswärtige Amt in Berlin empfahl am Montag Reisenden in Thailand "besonders vorsichtig zu sein" und Demonstrationen und Menschenansammlungen zu meiden.

Der Anschlagsort blieb am Dienstag abgeriegelt. Bei Sonnenaufgang machten Sprengstoffexperten auf der Suche nach Hinweisen Fotos vom Tatort, wie ein AFP-Reporter beobachtete. Die Polizei errichtete überall in Bangkok Kontrollpunkte ein. Hunderte Schulen blieben geschlossen.

Die Bilder einer Überwachungskamera zeigen den Verdächtigen, den die Polizei in Thailand sucht. Es ist zu sehen, wie der Mann einen Rucksack am Tatort hinterlässt. Bei einer Explosion am Montag starben in Bangkok 21 Menschen.
Die Bilder einer Überwachungskamera zeigen den Verdächtigen, den die Polizei in Thailand sucht. Es ist zu sehen, wie der Mann einen Rucksack am Tatort hinterlässt. Bei einer Explosion am Montag starben in Bangkok 21 Menschen.

© dpa

In dem südostasiatischen Land hatte das Militär bei einem Putsch im Mai vergangenen Jahres die Macht übernommen. Regierungschefin Yingluck Shinawatra war zuvor bereits abgesetzt worden. Politische Beobachter hatten wegen des Putsches mit neuer Gewalt gerechnet. In den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Bombenanschläge auch in Bangkok gegeben, allerdings noch nie von dem Ausmaß wie am Montag.

Im Nordosten Thailands, wohin die Spur der Ermittler führen soll, sind die Rothemden, die Unterstützer des früheren Regierungschefs Thaksin Shinawatra und dessen Schwester Yingluck, besonders stark. Die Behörden hatten die Rothemden dieses Jahr für einige kleinere Explosionen verantwortlich gemacht. Die Führung der Bewegung wies die Vorwürfe allerdings entschieden zurück. In der Vergangenheit hatten Hardliner der Rothemden Sicherheitskräfte oder Regierungsgebäude angegriffen, aber niemals Menschenmengen ins Visier genommen.

Anschläge von Islamisten gegen Ausländer gab es bisher nicht

Auch die islamistischen Aufständischen an der Grenze zu Malaysia haben bislang keine Taten wie den Bombenanschlag in Bangkok verübt. Ihre Attacken richteten sich nicht gegen Ausländer und wurden weitgehend in den drei muslimisch dominierten Provinzen im Süden des Landes verübt.

Der Anschlag in Bangkok zeigte auch an der Börse Wirkung. Der Kurs der Landeswährung Baht fiel am Dienstag auf den tiefsten Stand seit April 2009. Der Aktienkurs in Bangkok ging zu Handelsbeginn um zwei Prozent zurück, Verlierer waren insbesondere die im Tourismus aktiven Unternehmen.

Unter den mehrheitlich thailändischen Opfern befanden sich Berichten zufolge auch drei chinesische Touristen, ein Filipino und zwei noch nicht identifizierte Personen. In der Umgebung von Rajaprasong, wo sich die Explosion beim berühmten Erawan-Schrein ereignet hatte, sollen weitere Bomben gefunden und entschärft worden sein, hieß es in verschiedenen Medien – die Behörden dementierten das. Unter den Verletzten sind nach ersten Angaben keine Opfer mit deutsch- oder europäischklingenden Namen. Das geht aus einer von der Polizei erstellten Liste mit 49 Namen hervor, die die Bangkoker Zeitung "The Nation" am Dienstag veröffentlichte. Danach dürfte eine hohe Zahl der Verletzten aus China stammen.

Beim prächtigen Erawan-Schrein, der mit Blumengirlanden, dichten Räucherstäbchenschwaden, traditionellen Tänzerinnen und vielen Betenden täglich tausende Menschen anzieht, boten sich Bilder des Grauens. Mediziner und Sicherheitskräfte lasen Körperteile von der Straße auf.

Die Militärregierung verzichtete darauf, den Notstand auszurufen, doch umgehend wurden weiträumig Checkpoints errichtet. Schulen, Regierungseinrichtungen und Finanzinstitute der unmittelbaren Umgebung bleiben am Dienstag geschlossen, doch das Leben "geht wie bisher weiter", verlautete aus dem Bangkoker Verteidigungsministerium.

Militärregierung will für wirtschaftliche Stabilität sorgen - Demokratie kann warten

Zunächst bekannte sich niemand zu dem Anschlag. Überwachungskameras spähen in Bangkoks Downtown praktisch in jeden Winkel. Bangkoks Gouverneur Sukhumbhand Paribatra zufolge sind die Videoaufzeichnungen umgehend der Polizei übergeben worden. Laut ersten Ermittlungen soll der Sprengsatz unter einer Sitzbank gezündet worden sein.

Politisch motivierte Bombenanschläge sind in Bangkok keinesfalls neu. Auf den Putsch des Militärs vom 22. Mai vergangenen Jahres folgte jedoch bisher eine relativ lange Phase der Ruhe für die Stadt.

Während die Rückkehr zu Wahlen und Demokratie auf die lange Bank geschoben wird, habe "Stabilität" höchste Priorität beteuert Juntaführer Prayuth Chan-ocha unentwegt, doch die Institutionen sind schwach, es fehlen zeitgemäße Gesetze und ausreichend Bildung, um im globalen Wettbewerb mitzuhalten: Zuletzt sind Exportquoten und Investitionen zurückgegangen.

Im Kampf gegen Korruption können die Generäle beachtliche Erfolge vorweisen. Doch kritischen Studenten droht Haft, viele Oppositionelle sind ins Exil geflohen und in der Öffentlichkeit findet praktisch keine politische Diskussion statt – zahllose Aktivisten befinden sich in Gewahrsam der Sicherheitsbehörden zur "Anpassung des Verhaltens". Unterdrückten Gruppierungen in Thailand könnte deshalb an einer Destabilisierung gelegen sein. (mit dpa, AFP)

Daniel Kestenholz

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