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Politik: Thierse muss entscheiden, wie viel die CDU zu zahlen hat - Rechtsgutachter raten indirekt: Es darf nicht zu viel sein

Die CDU kann nach Einschätzung eines Rechtsgutachtens der Bundestagsverwaltung in der Spendenaffäre finanziell mit einem blauen Auge davonkommen. Erstellt hat die achtseitige Ausarbeitung nebst Anlagen die Abteilung Parlamentarische Dienste im Auftrag des Haushaltsausschusses.

Von Robert Birnbaum

Die CDU kann nach Einschätzung eines Rechtsgutachtens der Bundestagsverwaltung in der Spendenaffäre finanziell mit einem blauen Auge davonkommen. Erstellt hat die achtseitige Ausarbeitung nebst Anlagen die Abteilung Parlamentarische Dienste im Auftrag des Haushaltsausschusses. Der hatte um eine abstrakte Darlegung der Rechtssituation gebeten - aber den Experten war natürlich klar, um was es ging.

Wie sieht also die Rechtslage aus? Parteien müssen, erstens, alle Spender mit Namen und Adresse in ihren Rechenschaftsberichten nennen, die ihnen in einem Kalenderjahr mehr als 20 000 Mark - bis 1992: 40 000 Mark - zugewandt haben. Tun sie das nicht, wird ihnen zur Strafe der doppelte Spenden-Betrag an staatlicher Parteienfinanzierung abgezogen. Hier sehen die Gutachter keinen Ermessensspielraum: Es könne nicht beispielsweise wegen geringer Schuld oder Irrtümern von der Sanktion abgesehen werden.

Das Parteiengesetz nennt zweitens eine Reihe von Bedingungen, unter denen eine Partei eine Spende nicht annehmen darf - etwa, wenn sie "erkennbar" in Erwartung einer konkreten politischen Gegenleistung geflossen oder anonym, auch über Dritte, eingegangen ist. Verschweigt eine Partei solche rechtswidrigen Spenden, muss sie die Summe an das Bundestagspräsidium abgeben und verliert als Strafe noch einmal den doppelten Betrag - insgesamt also die dreifache Summe. Die Gutachter warnen freilich: Festzustellen ob eine Spende rechtswidrig erlangt war, "kann im Einzelfall schwierig und umstritten sein".

Für die CDU ergibt sich aus diesen beiden Punkten nach bisherigem Kenntnisstand ein finanzielles Risiko von neun Millionen Mark - denn drei Millionen Mark hat die Partei bisher auf schwarzen Konten der Vergangenheit geortet. Allerdings fehlen nach wie vor Unterlagen über zwei "Treuhandanderkonten" aus den Jahren 1994 bis 1996, so dass diese Summe noch höher werden könnte.

Im Hintergrund lauert darüber hinaus ein weiteres Finanzrisiko. Nach dem Parteienfinanzierungsgesetz bekommt eine Partei nur dann staatliche Mittel, wenn sie einen vorschriftsgemäßen Rechenschaftsbericht vorlegt. Dass die Berichte zurückliegender Jahre nicht ordnungsgemäß waren, hat der CDU-Wirtschaftsberater Horst Weyrauch in seiner Vernehmung vor der Staatsanwaltschaft Augsburg bestätigt. Doch kommen die Parlamentsexperten zu dem Schluss, dass die Verletzung einzelner Vorschriften "nicht automatisch dazu führt, dass eine Partei vollständig aus der staatlichen Teilfinanzierung ausscheidet". Denn die Staatszuschüsse sollten ja verhindern, dass Parteien zu stark von potenten Geldgebern und deren Interessen abhängig werden. Nun muss Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) entscheiden, ob und wie viel er von der CDU zurückverlangt. Ohne dass sie es aussprechen, lautet der Rat der Experten: Jedenfalls darf es nicht zu viel sein.

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