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Althaus

© dpa

Thüringen: Althaus will überraschend Geschäfte weiterführen

Dieter Althaus verwirrt Partei und Koalitionspartner. Nach seinem Rücktritt sagt er nun, er habe die Amtsgeschäfte nie abgegeben. Die Opposition spricht von "Real-Satire".

Trotz seines "Rücktritts mit sofortiger Wirkung" will Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus vorerst weiter die Amtsgeschäfte in der Erfurter Staatskanzlei führen. Mit versteinerter Miene trat er am Dienstag nach der Kabinettssitzung vor die Presse und begründete seine Entscheidung mit der Landesverfassung, nach der er bis zur Berufung einer neuen Regierung im Amt bleibt. Auf die Frage, ob er noch das Vertrauen seiner Partei genießt, wollte er keine Antwort geben.

Althaus bestritt, dass er seiner Stellvertreterin, Finanzministerin Birgit Diezel, die Amtsgeschäfte übertragen habe. Dazu gebe es keine schriftlichen Unterlagen. Er habe auch am Wochenende "für das Land" gearbeitet – unter anderem habe er seine Dienstpost geöffnet. Jetzt nehme er, wie in der Verfassung vorgeschrieben, die Amtsgeschäfte wieder auf. Dies sei angesichts der anstehenden Termine wie der Ministerpräsidentenkonferenz und der Bundesratssitzung auch notwendig. Außerdem müssten die Entscheidung zu Opel und die Konjunkturpakete begleitet werden.

Althaus nahm auch erstmals Stellung zu seinem kommentarlosen Rücktritt in der vergangenen Woche. Es gebe dafür eine Reihe persönlicher Gründe, auf die er nicht näher eingehen wolle, sowie politische Entscheidungen: Er habe damit die Verantwortung für das Wahlergebnis vom 30. August übernommen und den Weg für die Sondierungsgespräche mit der SPD frei gemacht. Er verteidigte die Art seines Rücktritts, den er nur mit seiner Familie abgestimmt habe. "Ich würde das genauso wieder tun."

Opposition reagiert kopfschüttelnd

Sein Rücktritt vom Parteivorsitz hat für Althaus dagegen Bestand. Die CDU werde jetzt von Birgit Diezel geführt. Deshalb sei es auch ihr gutes Recht, Sozialministerin Christine Lieberknecht als Kandidatin für das Amt des Ministerpräsidenten in einer schwarz-roten Koalition ins Spiel zu bringen. "Das positive Echo zeigt ja, dass das positiv aufgenommen wurde." Weiter wollte er diesen Vorschlag nicht kommentieren.

Er stehe auch zu seinem Wort, sich nicht direkt in die Sondierungsgespräche mit der SPD einzumischen, sagte Althaus. Allerdings werde er durchaus Stellung dazu nehmen. Die Frage nach seiner politischen Zukunft wollte er nicht beantworten. Er werde aber auf jeden Fall sein Landtagsmandat annehmen. Immerhin habe er mit mehr als 50 Prozent der Erststimmen in seinem Wahlkreis das beste Ergebnis der Thüringer CDU erzielt.

Am vergangenen Donnerstag hatte Althaus mit nur einem Satz die Öffentlichkeit und einen kleinen Kreis der Minister über seinen Rücktritt informiert. Er hatte schriftlich erklärt: "Mit sofortiger Wirkung trete ich als Ministerpräsident des Freistaats Thüringen und als Landesvorsitzender der CDU Thüringen zurück." Am Montag dann überraschte er die thüringische Landespolitik erneut, indem er erklären ließ, nun doch wieder die Amtsgeschäfte übernehmen zu wollen.

Die Opposition blickte kopfschüttelnd auf das Gebaren des Ministerpräsidenten und die Vorgänge in seiner Partei. SPD-Chef Christoph Matschie, der Sndoerungsgespräche mit der CDU über die Bildung einer schwarz-roten Regierung fürhrt, hat die CDU aufgefordert, ihr innerparteiliches Chaos rasch zu beenden. "Thüringen hat ein Recht darauf, zu wissen – auch jetzt in der Übergangszeit – wer die Entscheidungen trifft." Bevor die Sozialdemokraten wie geplant am Donnerstag in die zweite Runde der Gespräche einsteigen, müssten sie wissen, was davon zu halten sei. "Die Rückkehr des zurückgetretenen Ministerpräsidenten löst nur noch Kopfschütteln aus."

Auch der Thüringer Linke-Spitzenkandidat Bodo Ramelow hat die Rückkehr von Althaus scharf kritisiert. "Deutschland schüttelt den Kopf über Thüringen. Ich glaube, es wird dringend Zeit, dass die CDU das Thema Urlaub oder medizinische Begutachtung in Angriff nimmt." Das Hin und und Her von Althaus, der erst "mit sofortiger Wirkung" von allen Ämtern zurückgetreten war und dann unter Berufung auf die Landesverfassung in die Staatskanzlei zurückkehrte, sei "völlig irrational". Über die "Real-Satire" könne er nicht lachen, da Althaus mit seinen Aussagen die Verfassung zur "Persiflage" verkommen lasse.

Beobachter vermuten einen Machtkampf innerhalb der Thüringen-CDU zwischen dem "System Althaus" – personifiziert durch den Ministerpräsidenten und seine langjährigen Mitstreiter aus dem katholischen Milieu seines Wahlkreises im Eichsfeld – und den beiden Parteifrauen Birgit Diezel und Christine Lieberknecht.

Erstere verfasste ein Schreiben, wonach das Land "pragmatischen Entscheidungen ohne Rücksicht auf persönliche Befindlichkeiten" brauche. Und letztere erklärte in einem Interview am Dienstagmorgen das "System Althaus" für beendet. "Es geht um einen Neuanfang – auch mit den Sozialdemokraten." Dabei griff Lieberknecht auch Althaus direkt an: "Die Verfassungslage ist eindeutig aufseiten von Dieter Althaus. Aber die Verfassungslage ist das eine, die politische Wahrnehmung ist das andere, und es gab doch einen großen Druck von vielen Parteifreunden, die gesagt haben, es muss jetzt Klarheit her". (kg/dpa/Reuters)

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