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© dpa

Thüringen: Grüne wollen ihre Basis fragen

In Thüringen gibt es erste Verhandlungen der Grünen mit der SPD und den Linken. Die CDU arbeitet unterdessen ihr Althaus-Desaster auf.

„Romantisch“ sei es gewesen, lächelte Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt. Die launige Bemerkung der Grünen-Politikerin galt der ersten Verhandlung ihrer Partei mit Linken und SPD über eine Regierungsbildung in Thüringen. Diese Äußerung wich durchaus von den sonst üblichen Floskeln ab. Aber Kuscheln war noch nicht angesagt. Vielmehr spielte Göring-Eckardt auf den Ort des Geschehens an: Ein feines Romantik-Hotel namens Dorotheenhof am Rande von Weimar, wo gerade die Pfirsiche reif werden.

Der Ertrag des Treffens blieb freilich überschaubar, auch wenn sich die Verhandlungsführer um eine positive Wertung bemühten. „Ein ernsthafter Austausch“, urteilte Grünen-Landessprecherin Astrid Rothe-Beinlich. SPD-Landeschef Christoph Matschie sagte, das Gespräch sei „sehr offen und sehr ernsthaft“ gewesen. Für Linken-Vormann Bodo Ramelow war es „ein sehr guter Tag“. Alle drei Parteien wüssten, dass sie gemeinsam Verantwortung für einen Politikwechsel tragen. Doch die Gespräche über eine Regierungsbildung verzögern sich jetzt erst einmal. Die Grünen wollen zunächst die Parteibasis fragen, ob sie in Sondierungsverhandlungen eintreten. Darüber soll am 18. September ein kleiner Parteitag befinden. Vom Votum dieses Parteirates ist abhängig, ob Rot-Rot-Grün mehr ist als eine kurzzeitige romantische Idee. Denn Vertreter von SPD und Linke haben bisher stets deutlich gemacht: Ohne Grüne ist ihnen die Mehrheit zu dünn.

Die beiden Parteien verfügen im kommenden Landtag über 45 Mandate. Ihnen stehen 43 Abgeordnete von CDU, FDP und Grünen gegenüber. Erst die sechs Mandate der Bündnisgrünen, die nach 15 Jahren Abwesenheit ins Parlament zurückkehren, würde nach ihrer Ansicht die erhoffte Stabilität bringen. Ob die Grünen auf Zeit spielen oder vielmehr nur mit höchst möglicher Legitimation Verhandlungen über das Wagnis Regierung beginnen wollen, ist eine Frage des Standpunkts. Die Parteispitze, darunter Göring-Eckardt, ist bisher skeptisch über den Eintritt in ein Bündnis, in dem man rechnerisch nicht gebraucht wird.

„Wir sind kein Lückenbüßer und keine Garantie für Wackelkandidaten“, hatte etwa Landessprecherin Rothe-Beinlich geäußert. Aus Parteikreisen heißt es, dass es an der Basis jedoch Sympathie für Rot-Rot-Grün gibt. Das rührt aus gemeinsamen Kämpfen in der Vergangenheit. So unterstützte man etwa Volksbegehren zur direkten Demokratie und zu Kindergärten. Als Wahlziel verfolgten die drei Parteien die Ablösung der CDU sowie ein Ende des „Systems Althaus“.

Zumindest das politische Ende des Ministerpräsidenten haben sie bereits bewirkt. Für die Thüringer CDU war dagegen gestern ein Tag, an dem sie wie mit einem Kater erwachte. Allerdings war keine Freudenfeier vorausgegangen, sondern das seltsame Schauspiel um Rücktritt und Wiederkehr von Dieter Althaus. Die amtierende Parteichefin Birgit Diezel hatte gekontert und durchgesetzt, dass Sozialministerin Christine Lieberknecht für das Amt des Regierungschefs in einer schwarz-roten Koalition nominiert wird. SPD und CDU setzen heute ihre Sondierungsverhandlungen fort.

Viele Parteifreunde hätten die Rückkehr von Althaus nicht verstanden, sagte Diezel im Rückblick. „Sie forderten Christine und mich auf: Einigt Euch bitte! Wir unterstützen Euch beide.“ Da sei ihnen klar gewesen, dass sie eine Entscheidung treffen mussten. Auch die CDU-Vorsitzende Angela Merkel habe ihr geraten, „die Dinge fest in die Hand zu nehmen“. Der Landesvorstand sowie die Kreisvorsitzenden billigten gestern die Nominierung Lieberknechts. „So eine Woche sollten wir nicht allzu häufig wiederholen“, sagte Fraktionschef Mike Mohring.

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