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Politik: Tierschutz kontra Religionsfreiheit

Während im restlichen Europa das Schächten von Tieren - die Schlachtung ohne vorherige Betäubung - weitgehend erlaubt ist, gelten in Deutschland scharfe Einschränkungen. Nach Ansicht eines muslimischen Metzgers stellt das eine klare Beschränkung seiner Religionsfreiheit dar.

Während im restlichen Europa das Schächten von Tieren - die Schlachtung ohne vorherige Betäubung - weitgehend erlaubt ist, gelten in Deutschland scharfe Einschränkungen. Nach Ansicht eines muslimischen Metzgers stellt das eine klare Beschränkung seiner Religionsfreiheit dar. Sein Fall stand am Dienstag auf dem Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts. Mit einem Urteil wird in etwa drei Monaten gerechnet.

Rüstem Altinküpe ist Moslem und lebt seit Jahrzehnten in Raum Gießen, seine Einbürgerung steht unmittelbar bevor. Er ist Metzger und isst als gläubiger Sunnit nur geschächtetes Fleisch. Seine Kundschaft besteht ebenfalls aus Moslems. Vor rund zehn Jahren übernahm er das Geschäft seines Vaters, der seit 1988 mit behördlicher Ausnahmegenehmigung Tiere schächtete. Diese Genehmigung wurde dem Sohn aber 1996 entzogen. Grundlage: ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 1995, wonach Moslems der Verzehr geschächteten Fleisches nicht zwingend vorgeschrieben sei. Nur dann erlaubt das deutsche Tierschutzgesetz aber das Schächten.

Altinküpe sieht durch das Verbot seine Religions- und Berufsfreiheit verletzt. Im Übrigen wird jüdischen Gemeinden weiterhin die Ausnahmegenehmigung erteilt. Nach Ansicht der Prozessvertreter eine klare Diskriminierung. Auch der Vertreter der Bundesregierung, Professor Gerhard Robbers, machte bei der Anhörung in Karlsruhe deutlich, dass die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in Grundrechte eingreife. Nicht die Gesetze, aber die Auslegung durch die Verwaltungsgerichte gehe zu weit. Das Gebot religiöser Toleranz verlange, dass sich Angehörige einer Glaubensgemeinschaft "mit Lebensmitteln versorgen können". Robbers betonte, dass das Schächten von Tieren bei sachgerechter Durchführung unter Gesichtspunkten des Tierschutzes "noch akzeptabel" sei.

Auf der Richterbank bestanden durchaus Zweifel, ob religiöse Vorschriften überhaupt ausschlaggebend sein könnten. Auch Jäger dürften Tieren ohne vorherige Betäubung töten, ohne ethische Grundüberzeugung belegen zu müssen, wandte Verfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem ein. Voraussetzung sei nur die Befähigung zur Jagd.

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