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Todesstrafe in USA: Mit dem Tod rechnen

Mehrere US-Bundesstaaten überlegen, auf die Vollstreckung der Todesstrafe künftig zu verzichten, da lebenslange Haft billiger sei. Könnte das der Anfang vom Ende staatlicher Hinrichtungen in den USA sein?

Die Todesstrafe wird auch in den USA immer seltener angewandt. Kontinuierlich werden weniger Menschen zum Tod verurteilt und auch weniger hingerichtet. 1994 hatte die Zahl der Verurteilungen mit 328 den höchsten Stand seit der Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1976 erreicht. Bis zum Jahr 2007 ist sie auf 115 Todesurteile gesunken. Die meisten Exekutionen gab es 1999: 98. 2008 waren es noch 37.

In 36 der 50 US-Bundesstaaten steht die Todesstrafe noch im Strafgesetzbuch. Doch laufen derzeit in sechs Staaten Gesetzgebungsverfahren zu ihrer Abschaffung: in Colorado, Kansas, Maryland, Montana, New Hampshire, New Mexiko und Washington State. Allerdings gibt es auch Gegenbewegungen. Alaska will die Todesstrafe überhaupt erst einführen. Und in Georgia, Utah sowie Virginia werden Verschärfungen des Todesstrafenrechts debattiert.

Todesstrafen seien zu teuer, heißt es

Im Zuge der Finanzkrise bekommt nun das Kostenargument mehr Gewicht. Die Todesstrafeverfahren sowie die „Death row“ genannten Spezialgefängnistrakte für Hinrichtungskandidaten und für Exekutionen seien zu teuer, heißt es. In Kansas begründet zum Beispiel die republikanische Senatorin Carolyn McGinn den für Konservative eher ungewöhnlichen Antrag auf Abschaffung der Todesstrafe mit den Sparzwängen im Budget. Nach Angaben des Death Penalty Information Center in Washington, einer Organisation von Todesstrafengegnern, kostet ein zum Tode Verurteilter den Staat 1,26 Millionen Dollar, lebenslanges Gefängnis dagegen 740 000 Dollar.

Solche Zahlen sind anfechtbar. Ein Großteil der höheren Kosten stammt daher, dass Hinrichtungskandidaten mehr juristische Einspruchsmöglichkeiten haben als zu lebenslänglich Verurteilte; die zusätzlichen Verfahren muss der Staat bezahlen. Zyniker geben auch zu bedenken, dass die Kosten pro Exekution sinken, wenn mehr Menschen hingerichtet werden, und steigen, wenn weniger Menschen von Staats wegen umgebracht werden. Es hänge davon ab, auf wie viele Einzelfälle die Kosten der Sondertrakte umgelegt werden. In New Mexiko wären die Individualkosten, so gesehen, besonders hoch. Denn dort wurde in dem Gebäudekomplex für Exekutionen seit 1960 überhaupt erst ein Mensch hingerichtet.

Auflagen des Supreme Court treiben die Kosten

Umstritten ist nun auch der 400 Millionen Dollar teure Bau einer neuen „Death row“ in Kalifornien mit humaneren Hinrichtungsbedingungen, wie sie der Supreme Court gefordert hat. Überhaupt treiben die neuen Auflagen der obersten Richter die Kosten von Exekutionen. Die Anträge, die Todesstrafe für verfassungswidrig zu erklären, haben sie aber abgelehnt. In Umfragen ist eine stabile Mehrheit der Bürger für die Todesstrafe.

Ganz abgeschafft wird sie in den USA demnach wohl vorerst nicht. Aber für die überwältigende Mehrheit der Betroffenen bedeutet das gerichtliche Todesurteil schon heute de facto lebenslänglich. Weil die Zahl der Verurteilungen seit Jahren die der Exekutionen übersteigt, wächst die Zahl der Todeskandidaten, die bis zu ihrem natürlichen Tod im Gefängnis leben. Derzeit sitzen 3350 Menschen in den „Death rows“.

2009, so befürchten die Todesstrafengegner, werde die Zahl der Exekutionen erstmals seit langem wieder zunehmen. 14 waren es bereits, 15 weitere sind bis Juni angesetzt – trotz Finanzkrise.

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