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Für die Sicherheit. Deutsche Soldaten lassen nahe Kundus eine Aufklärungsdrohne aufsteigen. Auch waffentragende Flugkörper sind in Afghanistan im Einsatz. Sie seien zum Schutz der Truppen unabdingbar, heißt es. Foto: Maurizio Gambarini/dpa

© picture alliance / dpa

Drohnen: Tödliche Helfer

Die Bundeswehr wird nach 2014 nur noch mit einer kleinen Truppe in Afghanistan präsent sein Kampfdrohnen könnten die Soldaten militärisch unterstützen – Experten halten das für fragwürdig.

Berlin - Die Bundeswehr würde am liebsten sofort über sie verfügen: eine oder mehrere bewaffnete Drohnen, die die Soldaten beim Einsatz in Afghanistan in brenzligen Situationen aus der Luft unterstützen könnten. Zwar ziehen sich die internationalen Truppen und die Bundeswehr derzeit sukzessive von der Front am Hindukusch zurück. Eine stark verkleinerte Truppe soll nach Vollendung des Abzugs Ende 2014 aber in Afghanistan bleiben und sich dann in erster Linie um die militärische Aus- und Weiterbildung der afghanischen Kollegen kümmern.

Kampfdrohnen könnten dabei hilfreich sein. So sieht es jedenfalls der derzeitige Befehlshaber der afghanischen Truppen in Afghanistan, Generalmajor Jörg Vollmer. Nur mit ihnen hätte die Truppe die Möglichkeit, Soldaten im Angriffsfall ohne Verzögerung aus der Luft beizustehen, sagte Generalmajor Jörg Vollmer im Feldlager in Masar-i-Scharif. Bislang setzt die Bundeswehr drei geleaste Aufklärungsdrohnen vom Typ „Heron“ aus israelischer Produktion ein, die nicht bewaffnet sind.

Die „Heron“ gebe den Soldaten zwar die Möglichkeit, „in Echtzeit zu sehen, was dort passiert“, sagte Vollmer. Im Notfall müssten aber immer Kampfhubschrauber oder Flugzeuge angefordert werden, um Soldaten im Gefecht zu unterstützen. Mit der unbewaffneten Drohne stehe man „in dem Dilemma, dass dann, wenn etwas passiert, wenn die Soldaten beschossen werden“, man am Bildschirm sitze und das mit ansehen müsse, ohne reagieren zu können. Der „Heron“-Leasingvertrag läuft im Oktober 2014 aus, das Verteidigungsministerium strebt aber nach eigenen Angaben eine Verlängerung bis April 2015 an. Damit könnte die Bundeswehr die „Heron“ bis zum Auslaufen des NatoKampfeinsatzes in Afghanistan Ende 2014 nutzen.

Deutschlands bis auf weiteres noch geschäftsführende Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hatte die Anschaffung von Kampfdrohnen bereits vor einigen Monaten gefordert, die Entscheidung darüber dann aber angesichts taktischer Überlegungen auf einen Termin nach den Bundestagswahlen vertagt. Auch im Verteidigungsministerium (BMVg) rechtfertigt man den Ruf nach Kampfdrohnen unter anderem mit ihrer schnellen Verfügbarkeit an Kriegsschauplätzen und mit der Sicherheit der eigenen Soldaten und verweist auf „restriktive Einschränkungen“ für den Drohnengebrauch. Allerdings blieb das Verteidigungsministerium bis Redaktionsschluss die Antwort schuldig, welche Regeln im Einzelnen gelten.

Eine am Dienstag von Amnesty International veröffentlichte Untersuchung amerikanischer Drohnenangriffe im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet war zu dem Schluss gekommen, dass die Einsätze größtenteils gegen Völkerrecht verstoßen oder als Kriegsverbrechen zu werten sind. Der Bericht legt ausführlich dar, dass Kampfdrohnen nicht nur – wie beabsichtigt – Terroristen und feindliche Kämpfer treffen, sondern auch massenhaft unschuldige Zivilisten töten. Bei der Bundeswehr will man dieser Eventualität mit den bislang üblichen „Prüfschleifen“ begegnen: Vor der Gewaltanwendung, sprich dem Drohnenschlag, spiele immer die Frage eine Rolle, ob die Zivilbevölkerung durch einen Angriff geschädigt werden könne. Patrouillen ausländischer Streitkräfte, die beispielsweise bei feindlichem Beschuss Kampfdrohnen zur Unterstützung anfordern könnten, würden selten in besiedelten Gebieten angegriffen, heißt es im Verteidigungsministerium. Zivile Opfer im Zuge von Drohnenattacken seien daher eher unwahrscheinlich.

Thomas Ruttig vom Afghanistan Analysts Network (AAN) hält diese Argumentation für verfehlt. In Afghanistan sei der Übergang zwischen bewohnten und unbesiedelten Gegenden fließend und somit nicht prinzipiell auszuschließen, dass dort Zivilbevölkerung unterwegs sei. Zudem zeige das Desaster um zwei in der Nähe von Kundus von Taliban entführte und später von Nato-Flugzeugen mit Raketen beschossene Tanklastzüge, dass das Militär offenbar nicht immer in der Lage sei, hinreichende Informationen über potenzielle Opfer am Boden zu liefern. Ein deutscher Oberst hatte den Luftangriff Anfang September 2009 angeordnet. Er war zum Zeitpunkt des Befehls davon ausgegangen, dass sich keine Zivilisten in der Nähe der Tankfahrzeuge aufhalten. Bei der Attacke waren mehr als 100 Afghanen getötet worden, darunter zahlreiche Kinder.

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