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Tödliches Gefecht bei Kundus: Fallschirmjäger klagten über Mängel bei der Ausbildung

Am Karfreitag starben drei deutsche Soldaten in Afghanistan. Angehörige ihrer Einheit hatten sich vor ihrem Einsatz über Defizite bei der Ausbildung beschwert.

Bei den Bundeswehr-Soldaten, die am Karfreitag in Nordafghanistan in ein schweres Gefecht mit Taliban gerieten, hat es nach Angaben des scheidenden Wehrbeauftragte Reinhold Robbe (SPD) Ausbildungsmängel gegeben. Er habe die Fallschirmjäger in Seedorf bei ihrer Verabschiedung in den Afghanistan-Einsatz besucht, sagte Robbe der Bild-Zeitung. "Die Soldaten haben mich darauf hingewiesen, dass es Defizite bei der Ausbildung gibt." So hätten die Fallschirmjäger, die jetzt an dem Feuergefecht beteiligt waren, in der Ausbildung nicht ausreichend Fahrzeuge der Typen Dingo und Fennek gehabt, sagte Robbe.

Bei dem Überfall der Taliban auf die Bundeswehr nahe Kundus waren am Freitag drei deutsche Soldaten getötet und acht zum Teil schwer verletzt worden.

Robbe sagte: "Da werden beispielsweise Kraftfahrer in den Einsatz geschickt, die erst im Einsatzland richtig an den Fahrzeugen ausgebildet werden." Weil es an Fahrzeugen mangele, könnten die Soldaten wichtige Gefechtssituationen nicht ausreichend trainieren. "Die Soldaten müssen eigentlich mit ihren Fahrzeugen drillmäßig das Verhalten im Gefecht üben, insbesondere das Auf- und Absitzen."

Kritik gab es am Dienstag auch an der Ausstattung der Bundeswehr. Zwar gebe es keinen absoluten Schutz in diesem gefährlichen Einsatz, sagte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold der Leipziger Volkszeitung. "Was uns allerdings fehlt, sind Kampfhubschrauber", kritisierte Arnold, der im Kundus-Untersuchungsausschuss der Obmann der SPD ist. Er fordere seit längerem Kampfhubschrauber, sagte Arnold. "Es wäre wünschenswert gewesen, wenn der Verteidigungsminister mit unseren Partnern eine Lösung gesucht hätte."

Auch der frühere Planungschef im Verteidigungsministerium, Ulrich Weisser, beklagte Ausrüstungsdefizite. Der Onlineausgabe der Bild-Zeitung sagte er, es fehle der Bundeswehr in Afghanistan vor allem an Aufklärungsdrohnen, Kampf- und Transporthubschraubern sowie an Artillerieunterstützung. Es sei inakzeptabel, dass die Bundeswehr in Afghanistan nicht über einen einzigen Kampfhubschrauber verfügt. "Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden", sagte Weisser.

Dank der USA könnte die Bundeswehr bereits in Kürze mit etwas besseren Bedingungen für ihren Einsatz rechnen, sagte der SPD-Politiker Arnold. "Wenn die Amerikaner ihr Kontingent in Kundus verstärken, gedacht sind bis zu 2000 Mann, dann bringen sie auch das entsprechende Gerät wie Kampfhubschrauber mit." Es wäre falsch, wenn es jedes Mal nach solch einem tragischen Ereignis Grundsatzdebatten über den Afghanistan-Einsatz gebe. "Wir wissen, dass Soldaten getötet werden können. Alles andere wäre blauäugig. Der Einsatz bleibt sinnvoll und notwendig, in unserem Interesse, aber auch für die Menschen in Afghanistan."

Beim Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan sind seit 2002 bislang 39 deutsche Soldaten ums Leben gekommen. Der Parlamentarische Verteidigungs-Staatssekretär Christian Schmidt (CSU) räumte nach dem bislang schwersten Gefecht der Bundeswehr ein, Politik und Öffentlichkeit hätten sich in den ersten Jahren des Einsatzes "etwas vorgemacht". Es sei "beschönigt worden, dass es in Afghanistan gewalttätige bewaffnete Auseinandersetzungen mit Toten und Gefallenen gibt", sagte er der Passauer Neuen Presse. "Wir führen eine kriegerische Auseinandersetzung. Es geht nicht nur um Brunnen bohren." Zuvor hatte auch Verteidigungsminister Guttenberg gesagt, man könne in Afghanistan "umgangssprachlich" von Krieg sprechen.

Der Hinterhalt gegen die deutschen Soldaten sei von langer Hand geplant worden, sagte Schmidt. Er sagte mit Blick auf den Einsatz am Hindukusch: "Wir wollen diese Auseinandersetzung so bald wie möglich beenden, das heißt, sobald es die Chance zur Übergabe der Verantwortung an die Afghanen gibt." Derzeit ist die Bundeswehr mit bis zu 5350 Soldaten in Afghanistan im Einsatz.

Der frühere Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) forderte seinen Nachfolger Guttenberg auf, einen Rat ehemaliger Generalinspekteure der Bundeswehr einzuberufen. Erfahrene Exmilitärs sollten miteinbezogen werden in die Diskussion um eine bessere Bewaffnung der Bundeswehr in Afghanistan, sagte Rühe der Bild-Zeitung (Dienstag). Nach dem jüngsten Zwischenfall sei es offensichtlich, dass die Bundeswehr zusätzliche Bewaffnungen am Hindukusch brauche.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripur, verlangte eine umfassende Sicherheitsanalyse für den Raum Kundus. "Ohne eine solche Bestandsaufnahme haben wir keine Möglichkeit, die Wirksamkeit des dortigen Bundeswehreinsatzes einzuschätzen", sagte Nouripur der Frankfurter Rundschau.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters, AFP

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