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Politik: „Töpfer wäre gut für Schwarz-Grün“

Der Politiker Werner Schulz über die Wahl in Berlin und seine Pläne nach Ausscheiden aus dem Bundestag

Das sind Ihre letzten Tage im Bundestag, Herr Schulz. Scheiden Sie mit Wehmut?

Natürlich ist es nicht leicht, nach 15 Jahren in der Bundespolitik eine Niederlage hinnehmen zu müssen. Aber ich bin stolz darauf, was ich erreicht habe. Wenn es auch nicht alles war, was ich geplant hatte. Aber allein, dass ein ehemaliger DDRBürgerrechtler wie ich hier gearbeitet hat, ist auch ein ganz persönlicher Erfolg für mich.

Ist das Ihr Abschied von der Politik?

Ich betreibe Politik aus Leidenschaft und grübele daher natürlich, welchen Weg ich künftig gehen werde.

Ihre Partei, die Grünen, hat die Ostdeutschen in dieser Woche aus allen bundespolitischen Spitzenfunktionen gedrängt.

Ein Wiederholungsfehler, der die falschen Signale in die ostdeutschen Landesverbände aussendet. Gerade wir, Bündnis 90/Grüne, die die Wiedervereinigung sogar im Namen tragen, müssen besonders sensibel mit der gesamtdeutschen Entwicklung umgehen. Denn nach wie vor liegen unsere Defizite im Osten.

Die Grünen-Führung spricht sich für eine programmatische Öffnung in beide Lager aus, das linke wie das konservative. Ist das richtig?

Wir brauchen keine programmatische Erneuerung, sondern eine strategische Neuausrichtung. Und die wird die Bundestagsfraktion in ihrer Oppositionsrolle allein nicht leisten können. Diese Aufgabe kommt auch auf die Länder zu. Dort werden wir unsere Position in der Gesellschaft klarer formulieren und inhaltliche Bündnisse mit anderen politischen Kräften suchen müssen.

Eine Aufgabe für den Politiker Werner Schulz?

Meine politische Heimat ist Berlin, wo es im kommenden Jahr darum geht, einen klare Alternative zum rot-roten Senat anzubieten.

Sie sehen Ihre Zukunft in der Berliner Landespolitik?

Das ist eine der Herausforderungen, über die ich im Moment nachdenke. Doch nicht nur hier, sondern auch in anderen Ländern, etwa in Baden-Württemberg, wird es in einigen Monaten darum gehen zu zeigen, welche Stellung die Bündnisgrünen in Zukunft einnehmen.

Sie sehen für Berlin in einem schwarz-grünen Bündnis die Alternative zum rot-roten Senat?

Ganz ausschließen will ich das nicht, obwohl das in erster Linie davon abhängt, wie sich die CDU in Berlin aufstellt. Gelingt es der Landespartei, sich auf einen Kandidaten wie Klaus Töpfer zu verständigen, wäre das eine gute Entscheidung für die Hauptstadt, und auch eine günstige Voraussetzung für Schwarz-Grün. Wir sind eine ökologisch-liberale Partei mit sozialem Engagement und die einzige politische Kraft, die sich im Augenblick aus dem alten politischen Blockdenken befreien kann. Und es scheint mir falsch zu sein, wenn sich meine Partei in der Rolle eines Mehrheitsbeschaffers zur Fortsetzung einer rot-roten Regierung wiederfände, die diese Stadt in den letzten Jahren so weit unter den Möglichkeiten regiert hat.

Sie haben den Machtpolitiker Joschka Fischer häufig kritisiert. Nun hat Fischer auf die Macht verzichtet, beeindruckt Sie dieser Schritt?

Respekt. Das hat Fischer gut und zum richtigen Zeitpunkt gemacht. Und mit der Fraktionsspitze Renate Künast/Fritz Kuhn hat er sich auch mit unsichtbarer Hand um seine Nachfolge gekümmert. Das ist eine Leistung. Viele andere erkennen leider nicht selbst, wann ihre Zeit vorbei ist.

Sie meinen den Bundeskanzler?

Genau. Das Verhalten von Gerhard Schröder ist nur noch Krampf. Sein Klammern an die Gitterstäbe des Kanzleramtes produziert eine Totalblockade für das Land. Noch am 22. Mai dachte ich, Schröder wolle nun wissen, ob er weiter regieren kann oder eben mit Würde abtritt.

Angela Merkel wird Kanzlerin der großen Koalition?

Sie hat die Wahl an der Spitze der Union gegen Schröder gewonnen, wenn auch knapp. Nun muss sie auch regieren, alles andere wäre eine Wählertäuschung. Man stelle sich vor, in Amerika hätte ein Herausforderin gegen den Präsidenten gewonnen und das Land würde plötzlich von einem Schattenmann regiert.

Das Gespräch führten Antje Sirleschtov und Hans Monath.

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