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Politik: Tote bei Geiselnahme in Moskau

Täter nennen sich Selbstmordkommando – sie fordern Abzug der Russen aus Tschetschenien in sieben Tagen

Moskau/Potsdam (win/thm). Das Geiseldrama von Moskau hat sich für die rund 700 von tschetschenischen Rebellen festgehaltenen Menschen am Donnerstag zugespitzt. Am Nachmittag wurde offiziell bestätigt, dass eine Russin von den Geiselnehmern getötet worden war. Entgegen ihrer Zusagen hielten die rund 50 schwer bewaffneten Angreifer auch zahlreiche Ausländer in dem Theaterzentrum in ihrer Gewalt. Der russische Präsident Wladimir Putin machte für die Geiselnahme Hintermänner aus dem Netzwerk weltweiter Terrorgruppen verantwortlich. „Dort wurde der Plan ausgearbeitet und wurden Helfer gefunden“, sagte er.

Am Donnerstagabend wurde die erste Tote aus dem Gebäude getragen. Es handelt sich um eine 24Jährige, die bereits am Mittwochabend bei einem Handgemenge erschossen wurde, als die Terroristen in den Zuschauersaal eindrangen, den sie anschließend verminten.

Erstmals nannte der Krisenstab offizielle Opferzahlen. Demzufolge haben die Terroristen momentan noch rund 700 Geiseln in ihrer Gewalt. 75 sind Ausländer, vor allem aus ehemaligen Sowjetrepubliken. Nach Angaben des russischen Geheimdienstes FSB sind sieben Deutsche darunter. Das Auswärtige Amt in Berlin hat dagegen nur Kenntnis von drei Deutschen, zwei Frauen aus Niedersachsen und Bayern sowie einem Mann aus Baden-Württemberg.

37 Geiseln kamen im Laufe des Donnerstag frei, etwa 180 weitere bereits in der Nacht zuvor – ein Teil flüchtete. Zwei Frauen konnten am Donnerstagabend flüchten, eine davon wurde verletzt.

Verhandlungen mit den Geiselgangstern führten zunächst nicht zu greifbaren Ergebnissen. Bis zum frühen Nachmittag lief der Kontakt zu den Terroristen vor allem über Duma-Abgeordnete aus der demokratischen Opposition, die traditionell die von den Terroristen erhobene Forderung nach einer politischen Beilegung des Tschetschenien-Konfliktes unterstützen. Ihnen wurde auch ein kurzer Aufenthalt in dem besetzten Gebäude gestattet. Auch Versuche hoher islamischer Geistlicher Russlands, die Geiselnehmer zum Einlenken zu überreden, scheiterten. Am Abend verhandelten Beamte aus dem Präsidentenamt per Funktelefon mit den Kidnappern.

Der unabhängige russische Duma-Abgeordnete Wladimir Ryskow geht nicht davon aus, dass die Kreml-Führung das Musical-Theater stürmen lassen wird. „Es ist bekannt, dass das Gebäude regelrecht mit Sprengstoff vollgestopft ist", sagte er dem Tagesspiegel am Rande einer Veranstaltung in Potsdam. Nach Worten von Ryskow ist zu befürchten, dass es sich um ein tschetschenisches Selbstmordkommando handelt. „Sie haben erklärt: Sie sind gekommen, um zu sterben."

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sicherte dem russischen Präsidenten Putin seine Unterstützung im Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu. Auch der amerikanische Präsident George W. Bush bot „jede erdenkliche Hilfe“ an.

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