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Gedenken an Khaled Idris Bahray: Mehrere tausend Menschen demonstrierten am Samstag in Dresden.

© Oliver Killig/dpa

Update

Toter Asylbewerber in Dresden: Kriminalbeamte beschimpfen Grünen-Politiker Volker Beck

Wegen der Ermittlungspannen im Fall des in Dresden erstochenen Asylbewerbers hat der Grünen-Politiker Volker Beck Strafanzeige gestellt. Der Bund deutscher Kriminalbeamter findet das unverschämt.

Von Matthias Meisner

Eine Woche ist es her, dass Pegida mit 25.000 Anhängern durch Dresden marschierte - und in der Nacht darauf kam in der Elbestadt ein junger Asylbewerber ums Leben: Khaled Idris Bahray aus Eritrea. Er wurde 20 Jahre alt. Die Polizei behauptete zunächst, sie habe "keine Anhaltspunkte auf Fremdeinwirkung". Das stellte sich als falsch heraus. Der junge Eritreer starb, wie die Staatsanwaltschaft schließlich mitteilte, durch mehrere Messerstiche in Hals und Brust.

Vergangene Woche stellte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck deshalb gegen unbekannt Strafanzeige wegen Strafvereitelung im Amt. Er erklärte: "Die Ermittlungspannen im Fall des Todes des Asylbewerbers Khaled Idris Bahray müssen rückhaltlos aufgeklärt werden. Mir fehlt jedes Verständnis für das nachlässige Vorgehen der Ermittlungsbehörden." Die Strafanzeige ist, wie der Sprecher der Dresdner Staatsanwaltschaft, Lorenz Haase, am Dienstag dem Tagesspiegel sagte, "eingegangen und wird geprüft".

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) indes hat bereits eine klare Position zum Vorgehen von Beck. Er findet es "unverschämt, unangemessen und eine Beleidigung für jeden Ermittler", wie aus einer Erklärung vom Montag hervorgeht. BDK-Bundeschef André Schulz bat die Staatsanwaltschaft Berlin um Prüfung, inwieweit die Amzeige des Bundestagsabgeordneten "die Straftatbestände der falschen Verdächtigung, der üblen Nachrede und Beleidigung erfüllt".

Schulz erklärte weiter: "Wir wissen nicht, woher Herr Beck sein gefährliches Halbwissen über polizeiliche Ermittlungsarbeit im Allgemeinen und über diesen Fall im Besonderen hat. Die Defizite seines fehlenden juristischen oder polizeilichen Backgrounds wurden schon mehrfach in seinen Äußerungen deutlich, finden nun aber einen Höhepunkt in der selbstverliebten und populistischen Anzeige." Im Gegensatz zu Beck habe er vollstes Vertrauen in die Arbeit der Dresdner Ermittlungsbehörden, versicherte Schulz.

Im Kurznachrichtendienst Twitter spitzte der BDK-Vorsitzende sogar noch weiter zu: "Staatsanwaltliche Ermittlungen gegen @Volker_Beck nach Anzeige gegen Dresdner Polizei!", schrieb er dort. Ganz so weit ist es aber noch nicht: Die Berliner Staatsanwaltschaft konnte am Dienstag zunächst nicht einmal bestätigen, dass sie Post vom BDK bekommen hat.

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Beck: Aufklärung nicht denunzieren

Beck reagierte auf die Kritik des Bundes Deutscher Kriminalbeamter auf Facebook. Dort schrieb er: "Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass wir eine Diskussion über Fehlerkultur bei der Polizei und unabhängige Polizeibeauftragte als Beschwerdestellen brauchen, dann ist es diese Strafanzeige. Funfact: der BDK spricht von Ermittlungen - gäbe es die tatsächlich, wären sie vor Aufhebung der Immunität rechtswidrig, gäbe es sie noch nicht, würde der BDK eine falsche Tatsachenbehauptung verbreiten und womöglich selbst damit die Voraussetzungen des § 186 StGB (üble Nachrede) erfüllen."

Im Gespräch mit dem Tagesspiegel ergänzte Beck: "Auch bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft können wie überall, wo Menschen arbeiten, Fehler passieren. Sie müssen aufgeklärt und analysiert werden, nur so können sie in Zukunft vermieden werden. Damit sollte man offen und transparent umgehen und Forderung nach Aufklärung nicht denunzieren." Der Grünen-Politiker erklärte weiter: "Mich haben die vielen positiven Mails und Messages von Menschen mit Migrationshintergrund erschüttert. In vielen kam eine große Dankbarkeit zum Ausdruck, dass den Ungereimtheiten bei den Ermittlungen nachgegangen wurde, und dass sie das Gefühl haben, dass ihre Sorgen sonst nicht hinreichend ernst genommen werden."

Polizist: Nicht in innersächsische Belange einmischen

Beck erhielt allerdings auch Post von einem Polizeibeamten aus der Oberlausitz, in der sich dieser "in tiefer Verachtung" darüber beklagt, dass sich der Grüne "als außenstehender Spinner in innersächsische Belange" einmische. In dem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, schreibt der Polizist, er wolle ein fremdenfeindliches Delikt nicht ausschließen, aber: "In der Regel treten und schlagen rechtsradikale Straftäter jemanden zu Tode. Es ist relativ selten, dass sie jemand ,abstechen'. Dies ist atypisch und in der Regel eher typischer für Personen, die nicht dem mitteleuropäischen oder nordeuropäischen Kulturkreis angehören. In der Regel sind Südeuropäer und fremdländische Personen wie man so sagt ,schnell beim Messer'."

Hintergründe des Todes unklar

Die Hintergründe des Todes von Khaled Idris Bahray sind auch nach einer Woche noch unklar. Auch die Innenexpertin der Linken im Bundestag, Ulla Jelpke, hat der Dresdner Polizei inzwischen "eklatantes Versagen" vorgeworfen. Sie sagte: "Ein rassistischer Ungeist scheint weiterhin Teile der Polizei zu beherrschen." In mehreren Städten, unter anderem in Dresden und Berlin gab es inzwischen Gedenkdemonstrationen für den getöteten Asylbewerber. Ali Moradi vom sächsischen Flüchtlingsrat sagte am Dienstag im Deutschlandfunk, montags sei die Innenstadt von Dresden wegen der Pegida-Demonstrationen mittlerweile eine No-Go-Area für Ausländer. Durch die Untersuchungspannen rund um den Tod des eritreischen Flüchtlings sei auch das Misstrauen gegenüber der Polizei groß.

Die Mitbewohner bleiben im Plattenbau

Nach dem gewaltsamen Tod des 20-jährigen Asylbewerbers in Dresden bleiben dessen Mitbewohner aus Eritrea in dem Plattenbau im Dresdner Südosten wohnen. Das sei der Wunsch der jungen Männer, teilte ein Stadtsprecher am Dienstag mit. Wie das "Neue Deutschland" weiter berichtete, habe es zuvor intensive Gespräche mit der Stadt gegeben, auch Umzugspläne wurden diskutiert. Die Mitbewohner würden nun nicht nur von Sozialarbeitern, sondern auch von Psychologen der Krisenintervention betreut. Ein Dolmetscher hilft bei der Übersetzung.

Wie die Justiz in Dresden weiter mit der Strafanzeige von Beck umgeht, bleibt einstweilen offen. Möglicherweise wird eine Entscheidung darüber zurückgestellt, bis mehr Klarheit zu den Todesumständen von Khaled Idris Bahray herrscht. Strafrechtlich relevant würde die Sache, wenn den Behörden in Dresden nachgewiesen werden könnte, dass sie vorsätzlich die Ermittlungen vereitelt haben.

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