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Henriette Rytz ist Mitarbeiterin der Forschungsgruppe Amerika der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Transatlantische Beziehungen sind ein Schwerpunkt ihrer Arbeit.

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Transatlantische Beziehungen: „Die Partnerschaft ist nüchtern und pragmatisch“

Europa ist einer der engsten Partner der USA. Aber wird das auch so bleiben? Die Politikwissenschaftlerin Henriette Rytz über das amerikanisch-europäische Verhältnis.

US-Präsident Barack Obama hat in seiner Rede auch die Außenpolitik der USA thematisiert. Was lässt sich für die transatlantischen Beziehungen ableiten?

Die Rede bestätigt eine bereits länger andauernde Entwicklung in den transatlantischen Beziehungen: Sie sind auf einem nüchternen und pragmatischen Niveau angelangt. Die Partnerschaft ist nicht mehr so emotional aufgeladen wie noch vor einigen Jahren. Erst gab es die Zeit des Kalten Kriegs. Vor zehn Jahren dann gab es die stark emotional aufgeladene Debatte über die Terrorismusbekämpfung unter George W. Bush. Heute arbeitet man eher themenbezogen zusammen und ist sich aber trotzdem der engen Partnerschaft bewusst.

Ist eine unemotionale Beziehung einer emotionalen vorzuziehen?

Ich denke, sie entspricht den Realitäten unserer heutigen Welt. Es gibt keine bipolare Welt mehr, wie zu Zeiten des Kalten Kriegs, als es eine zentrale Bedrohung gab. Die Welt ist komplexer geworden. Es ist heute richtig, themenbezogen zu entscheiden, sich zu fragen: Wo kann man zusammenarbeiten? Wo gibt es dieselben Interessen? Dazu zählt auch der Handel, den Obama ja in der Rede explizit angesprochen hat.

Sehen Sie einen Unterschied zu Obamas Position während der ersten vier Jahre Präsidentschaft?

Neu ist, dass Obama direkt die Kooperation mit Europa anspricht. Dass er angekündigt hat, die Verhandlungen zu einem transatlantischen Freihandelsabkommen aufzunehmen. Das ist zwar schon seit längerem in der Diskussion, aber jetzt sagt Obama klar: Die USA sind bereit.

Hat er dafür in den USA breite Unterstützung?

Er wird sich genau überlegt haben, ob er sich so offen zur Verhandlungsbereitschaft bekennt. In den letzten Wochen ist deutlich geworden, dass es immer mehr Überschneidungen zwischen den europäischen und den US-amerikanischen Positionen gibt. Es scheint nun realistisch, ein solches Abkommen tatsächlich abzuschließen.

Obama hat auch die transpazifische Zusammenarbeit angesprochen. Wo liegt der Schwerpunkt in der US-Außenpolitik?

Es ist auf jeden Fall interessant zu sehen, dass Obama die transpazifische Partnerschaft vor der transatlantischen genannt hat. Dieses Abkommen soll bald abgeschlossen werden, während die Verhandlungen zum transatlantischen Freihandelsabkommen erst beginnen werden. Ich würde aber nicht so weit gehen, daraus zu folgern, dass die Hinwendung der USA zu Asien auf Kosten Europas gehen wird. Solche Beziehungen sind kein Nullsummenspiel. Die USA reagieren darauf, dass es im asiatisch-pazifischen Raum Sicherheitsprobleme gibt, weshalb sie dort stärker präsent sein wollen. Und sie sehen die Chancen einer Wirtschaftskooperation. Sie suchen aber bei dieser Hinwendung zu Asien die Unterstützung Europas und nicht die Abkehr von Europa.

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