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Der Deutsche Bundestag. Rund 100 Wissenschaftler arbeiten für die Abgeordneten.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Transparenz: Wissenschaftliche Gutachten des Bundestags sind Geheimsache

Welche Informationen sich Abgeordnete für ihre politische Arbeit verschaffen, darf nicht an die Öffentlichkeit gelangen, meint das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Es sei denn, der Bundestag macht ein Gesetz dafür.

Berlin - Die von Bundestagsabgeordneten beauftragten Ausarbeitungen der parlamentarischen Wissenschaftlichen Dienste sind für die Öffentlichkeit gesperrt. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg am Donnerstag entschieden und damit eine Klage des Tagesspiegels abgewiesen. In dem Eilverfahren ging es um die Frage, ob die Bundestagsverwaltung über Gutachten zu Risiken des laufenden NPD-Verbotsprozesses vor dem Bundesverfassungsgericht informieren muss.

Die Wissenschaftlichen Dienste sollen mit ihren rund 100 Mitarbeitern die Abgeordneten bei deren Arbeit beraten. Welche Aufträge die Parlamentarier ihm geben und zu welchen Zwecken sie die Ausarbeitungen darüber hinaus verwenden, ist unbekannt. So hatte der frühere Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Bundestagsgutachten in seine gefälschte Doktorarbeit hineinkopiert. Gelegentlich geben die Parlamentarier von ihnen bestellte Gutachten an die Presse weiter, wenn sie im Sinne ihrer politischen Vorhaben ausfallen.

Nach Ansicht des OVG steht der Schutz des freien Mandats dem grundgesetzlichen Auskunftsanspruch der Presse entgegen. Zum freien Mandat gehöre auch das „Informationsbeschaffungsverhalten“ der Abgeordneten. Aufgrund der fachlichen Spezialisierung der Politiker seien sie durch ihre Anfragen identifizierbar. „Dadurch besteht die Gefahr, dass sich Abgeordnete möglicherweise nicht mehr unbefangen an die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags wenden“, meinen die Richter. Denn dann würde öffentlich bekannt, welche Informationen sich einzelne Parlamentarier beschafften. Zwar werde die Freiheit des Mandats nicht schrankenlos gewährleistet und könne durch andere Rechtsgüter von Verfassungsrang wie die Pressefreiheit begrenzt werden. Nach Ansicht des OVG müsse es aber dem Bundestag überlassen werden, entsprechende Auskunftspflichten per Gesetz zu regeln.

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