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Politik: Trauer statt Protest im Wendland

Castor-Gegner bei Gorleben reagieren erschüttert auf das Unglück in Frankreich und unterbrechen Aktion

Eine Bewegung steht unter Schock. Der Tod eines 21jährigen Castor-Gegners in Frankreich hat den Protest gegen die Atommülltransporte im niedersächsischen Wendland zunächst zum Stillstand gebracht. Alle Protestveranstaltungen wurden am Sonntagabend spontan abgesagt, stattdessen wurde in Hitzacker eine Trauerkundgebung einberufen. Der 21-jähriger Franzose war am Nachmittag 60 Kilometer vor der deutschen Grenze von dem Transportzug überrollt worden. Der Mann hatte sich an der Schiene festgekettet.

Die Polizeieinsatzleitung im Wendland sprach am Sonntagabend eine Einladung an die Verbände der Atomgegner aus, gemeinsam über das weitere Vorgehen nach dem tödlichen Unglück zu beraten. „Angesichts dieses Vorfalls sind wir alle sprachlos und erschüttert“, sagte der Sprecher der Bürgerinitiative Lüchow- Dannenberg, Matthias Edler, am Abend. Die Umweltschutzorganisationen, die für den Montag Protestaktionen geplant hatten, trafen sich noch am Nachmittag zu einer Besprechung darüber, wie es weitergehen soll. Am Abend war jedoch noch keine Entscheidung gefallen, ob nun sämtliche Proteste abgeblasen oder fortgesetzt werden. „Wir müssen uns jetzt erst einmal Zeit nehmen, um die richtige Entscheidung zu treffen“, sagte Jochen Stay für die Anti-Atom-Bewegung „X1000 mal-quer“.

Geschockt von dem Vorfall zeigte sich auch die für die Transporte verantwortliche französische Atomfirma Cogema. Dem Mann waren gegen 14 Uhr 30 durch den Zug mindestens eines der Beine abgetrennt worden. Die Feuerwehr versuchte zwar noch, den Atomgegner wiederzubeleben, doch war dies vergeblich.

Unter dem unmittelbaren Eindruck des tragischen Unglücksfalls überwog unter den Atomkraftgegnern in Gorleben die Stimmung, den Castortransport nun unbehelligt zu lassen und als Reaktion auf den Tod des jungen Mannes sämtliche Proteste abzusagen. Doch dagegen erhob sich auch schnell Widerspruch. So wurde die Entscheidung erst einmal hinausgeschoben und lediglich für eine Trauerdemonstration am heutigen Nachmittag aufgerufen.

Jürgen Sattari, Vorstandssprecher der Umweltorganisation Robin Wood, warf im Gespräch mit dem Tagesspiegel der französischen Polizei vor, sich „unprofessionell verhalten zu haben“. Er könne sich bei den üblichen Sicherheitsmaßnahmen rund um die Transporte nicht vorstellen, „wie so etwas passieren konnte“. Letztlich sei jedoch auch eine Organisation wie Robin Wood vor einem solchen Vorfall nie gefeit. Die Organisation hatte vor drei Jahren im Wendland mit einer spektakulären Ankett-Aktion für Schlagzeilen gesorgt. Sattari betonte jedoch, dass „so etwas wie in Frankreich im Wendland nicht passieren kann“ – allein, weil das Zugtempo auf dem Abschlussstück des Transportes erheblich langsamer ist.

Im Wendland selbst blieb es das ganze Wochenende über ruhig. Am Samstag hatten sich mehr als 5000 Menschen zur Auftaktkundgebung versammelt. Da hatte der Protest eher den Charakter eines Familientreffens gehabt. Dies war mit dem gestrige Nachmittag vorbei.

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