zum Hauptinhalt
Unzählige Menschen trauern um ihren Caudillo.

© dpa

Trauerfeier in Venezuela: Der zweckmäßige Zirkus um Chávez

Der verstorbene venezolanische Präsident wird nach seinem Tod regelrecht vergöttert. Kritiker glauben, es handelt sich um eine Wahlstrategie der regierenden Partei.

Hugo Chávez Tod stürzt Venezuela in den Ausnahmezustand. Mehr als zwei Millionen  Menschen  verabschiedeten sich seit Mittwoch unter Tränen von ihm und können immer noch nicht fassen, dass das Unvermeidliche jetzt tatsächlich geschehen ist. In Caracas scheint die Zeit still zu stehen. Alles dreht sich jetzt nur noch um ihn, den Mythos, um die Legende, die gerade jetzt entsteht.

Die Beisetzung des venezolanischen Staatschefs war eigentlich für den heutigen Freitag angesetzt. Jetzt findet aber vorerst nur eine Abschiedszeremonie statt, für die über 30 ausländische Präsidenten aus aller Welt anreisten, um Chávez ihre letzte Ehre zu erweisen. Auch Ahmadinedschad  war unter ihnen. Die Trauerfeier hält noch weitere sieben Tage an.

Millionen Chávez Anhänger haben derzeit die Gelegenheit, ihren Caudillo noch einmal zu sehen. Später wird er einbalsamiert - „so wie Lenin, wie  Ho Chi Minh und Mao“ kündigte Nicolas Maduro, sein Nachfolger, an. Hugo Chávez wird nicht wie ein Normalsterblicher beerdigt. Seine Überreste kommen in eine Kristallurne und werden in einem Mausoleum, dem „Museum der Revolution“, das gerade erbaut wird, für die Ewigkeit zur Schau gestellt. 

Aber während  Millionen Chavez-Anhänger auf den Strassen trauern und das verstorbene Staatsoberhaupt wie einen überirdischen Helden ehren, lassen sich auch Stimmen hören, die sich kritisch zu den gegenwärtigen Ereignissen in Venezuela äußern.

Das bekannte Internetportal „El Chiguire Bipolar“ veröffentlicht ironisch eine Eilmeldung: „Der Planet dreht sich noch: Astronauten und  Wissenschaftler der Internationalen Raumstation haben uns per Satellitenverbindung informiert, dass die Erde sich immer noch dreht, so wie sie es auch schon seit Millionen Jahren tut“, steht dort. „Und das stimmt auch. Draußen ist alles wie immer. Nur gegen 22 Uhr wurde ein Diebstahl auf der Strasse beobachtet“ schreibt das Portal. Einer der Vorwürfe an Chávez Regierung ist, dass die Kriminalität in Caracas in den letzen Jahren weiter gestiegen ist.

Chávez Kritiker behaupten zudem, die regierende Partei nutze seinen Tod aus und vergöttere ihn, nur um sich Stimmen in den nächsten Wahlen zu sichern, die in einem Monat stattfinden.

Seit Dienstag verbreitete sich im Internet der Chàvez-kritische Text „ Betrachtungen zu Deinem Tod“, der von dem venezolanischen Kolumnisten Saúl Gómez Godoy stammt und zum ersten Mal  in der regimekritischen Tageszeitung „El Universal“ im Jahr 2011 veröffentlicht wurde.

„Du hast einen großen Schaden angerichtet. Hör doch auf mit der alten Leier von den Armen; Du weißt doch dass die Armen jetzt noch viel mehr als sind vor deiner Machtergreifung (…)und Marx, den  Du so oft empfahlst, hast Du doch selber nie gelesen..“ heißt es in diesem Text. Godoy wurde für dieses Schreiben bedroht und selbst im Fernsehen als „Hurensohn“ beschimpft.

“Das ist ja alles nur ein Zirkus, billiger Messianismus”, sagt der in den USA lebende bolivianische Schriftsteller und Hugo-Chávez-Kritiker Claudio Ferrufino.  „Venezuela ist  zerstört. Die Armen werden nach wie vor nur benutzt; sie wurden dran gewöhnt nichts als Almosen zu kriegen. Das wirtschaftliche Debakel ist in Venezuela nicht mehr zu stoppen, deswegen müssen sie jetzt  einen Heiligen, einen Gott erfinden“.

Die Autorin ist Stipendiatin aus Südamerika und für zwei Monate in der Redaktion des Tagesspiegel.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false