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Trauerfeier: Tausende trauern um Jelzin

Mit einem Gottesdienst in der Moskauer Erlöserkathedrale hat Russland Abschied von seinem ersten demokratisch gewählten Präsidenten Boris Jelzin genommen. Im ganzen Land wehten die Flaggen auf Halbmast.

Moskau - In Anwesenheit zahlreicher Politiker aus aller Welt feierten russisch-orthodoxe Würdenträger die Totenmesse für den ehemaligen Staatschef, der am Montag im Alter von 76 Jahren gestorben war. Sein Nachfolger Präsident Wladimir Putin hatte Staatstrauer angeordnet. Nach Polizeischätzungen defilierten bis Mittwochmorgen bis zu 20.000 Menschen am offenen Sarg Jelzins vorbei.

An dem mit der russischen Flagge bedeckten Sarg Jelzins standen seine Witwe Naina, die beiden Töchter sowie mehrere Familienangehörige. Unter den Trauergästen waren neben dem letzten sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow die ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton und George Bush sowie Bundespräsident Horst Köhler. Altkanzler Helmut Kohl, ein enger Freund Jelzins, bedauerte nach Angaben seines Berliner Büros, nicht teilnehmen zu können. Die Reise sei nach einer kürzlichen Knieoperation zu "beschwerlich" für den 77-Jährigen.

Menschenschlangen zum Abschied

Noch am Morgen nahmen mehrere hundert Menschen in der russischen Hauptstadt Abschied von dem früheren Präsidenten. Vor der Erlöserkathedrale, wo sein Leichnam seit Dienstag aufgebahrt war, standen etwa 300 Menschen Schlange, um Jelzin die letzte Ehre zu erweisen. Viele der Trauernden trugen Fotos des Ex-Präsidenten und Rosen, die sie an einem eigens eingerichteten Platz niederlegten.

Während der Totenmesse, die nach russisch-orthodoxem Ritus vollzogen wurde, hielten die Trauergäste lange dünne rote Kerzen. Geistliche Würdenträger schwenkten Weihrauch-Fässer. Jelzin selbst hatte Anfang der 90er Jahre den Wiederaufbau der Kathedrale betrieben, die 1931 auf Anweisung Stalins gesprengt worden war.

Am Nachmittag sollte Jelzin auf dem Friedhof des Moskauer Neujungfrauenklosters im Kreise der Familie beigesetzt werden. Auf dem zu dem Kloster aus dem 16. Jahrhundert gehörenden Friedhof liegen zahlreiche berühmte Persönlichkeiten wie Nikita Chruschtschow, Anton Tschechow, Nikolai Gogol, Sergej Prokofiew und Dimitri Schostakowitsch. Jelzin sollte neben dem Grab von General Alexander Lebed beerdigt werden, der ihn im August 1991 während des Putschversuchs gegen Gorbatschow unterstützt hatte.

Rede an die Nation verschoben

Der russische Präsident Putin hatte eigens wegen der Beerdigung seine Rede an die Nation um einen Tag auf Donnerstag verschoben. Die Erlöserkathedrale sowie der Weg zum Kloster, den der von einem Panzer gezogene Katafalk nahm, wurden von einem starken Polizeiaufgebot gesichert. Das staatliche russische Fernsehen übertrug die Trauerfeierlichkeiten live.

Jelzin war am Montag im Alter von 76 Jahren an Herzversagen gestorben. Seine Karriere hatte als KPdSU-Funktionär in der Sowjetunion begonnen. Nach deren Zerfall wurde er 1991 erster Präsident der unabhängigen Russischen Föderation. Zwei Monate später schlug er den Putschversuch reformfeindlicher Kräfte gegen Gorbatschow nieder. Sein Bild als Volksheld auf einem Panzer ging um die Welt. Ende 1999 trat er nach mehreren Herzanfällen und hartnäckigen Gerüchten über eine Alkoholkrankheit sein Amt an Putin ab. (tso/AFP)

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