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EU-Ratspräsident Donald Tusk auf dem Weg zum Brexit-Gipfel der Europäischen Union.

© Martin Meissner/dpa

Update

Treffen in Brüssel: Brexit schweißt EU27 zusammen

Die 27 verbleibenden EU-Mitglieder haben den Fahrplan für die Brexit-Verhandlungen beschlossen. In Brüssel demonstrierten die Regierungen dabei am Samstag große Geschlossenheit - ohne Großbritannien.

„Ich trage keine genagelten Schuhe“, sagte Österreichs Bundeskanzler Christian Kern beim Betreten des Ratsgebäudes in die Kameras. Dieser Satz verrät viel über diesen Sondergipfel der EU 27 zum Brexit. Die Regierungschefs der künftigen EU warten auf den Startschuss für die Verhandlungen mit London mit dem Gefühl, die komfortablere Ausgangsposition zu haben. In Brüssel macht sich eine ungekannte Beschwingtheit bemerkbar, die Raum lässt für flapsige Bemerkungen. Die Hauptstädte der EU-Mitgliedsstaaten wirken gerade wie eine verschworene Truppe. Wenn bei anderer Gelegenheit Einigkeit häufig bloß beschworen wurde, ist es jetzt anders: In Sachen Brexit passt gerade kein Blatt zwischen die Mächtigen der EU. In rekordverdächtigem Tempo von einem Monat haben sich die Mitgliedstaaten auf das politische Korsett für die Brexitverhandlungen geeinigt, die sogenannten Leitlinien. Ein hochrangiger EU-Diplomat kann sich die hämische Bemerkung nicht verkneifen: „Und Großbritannien hat ganze neun Monate gebraucht, um den Austrittsantrag zu formulieren.“ Noch nie habe er Netto-Zahler- und Netto-Empfänger-Länder so nah beieinander gesehen wie in diesen Wochen.

Beschluss kam nach 15 Minuten

Angela Merkel sieht es so ähnlich, formuliert es nur zurückhaltender: Man wolle auch künftig gute Beziehungen zu Großbritannien, „aber wir wollen auch als 27 unsere Interessen gemeinschaftlich vertreten“. Für ihre Verhältnisse euphorisch setzt sie noch hinzu: „Das ist bislang extrem gut gelungen.“ Es vergingen dann auch keine fünfzehn Minuten nach Eröffnung des Gipfels durch Ratspräsident Donald Tusk, dass sein Sprecher twittern konnte: „Die Leitlinien sind beschlossen.“

Am wichtigsten ist der EU 27 die Festlegung mit den Leitlinien, dass in zwei Etappen verhandelt wird. In einer ersten Phase, die nach der britischen Unterhauswahl Anfang Juni beginnen kann, soll über die Abwicklung der gemeinsamen Beziehungen zwischen Brüssel und London gesprochen werden. Es geht also darum, wie die Rechte der drei Millionen EU-Bürger in Großbritannien zu wahren sind, und wie der Status der zwei Millionen Briten aussieht, die auf dem Kontinent wohnen. In dieser Phase soll auch über Geld gesprochen werden. Welche Summen müssen für Londons Anteil an den Pensionsverpflichtungen für EU-Beamte fließen? Was muss London zahlen, um sich von den Verpflichtungen freizukaufen, die das Königreich als EU-Mitglied für die Zukunft eingegangen ist?

In der zweiten Phase der Verhandlungen soll dann über die Gestaltung der Zukunft gesprochen werden. Wie sieht das Freihandelsabkommen aus, das die Wirtschaftsbeziehungen nach dem Austritt Londons aus dem Binnenmarkt regeln soll? Wie wollen London und Brüssel in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik über 2019 hinaus zusammenarbeiten?

Bewusst offen hält sich Brüssel die Frage, wann die zweite Phase der Verhandlungen beginnen könnte. In den Leitlinien heißt es lediglich, dass dafür genügend Fortschritte in der ersten Phase erzielt werden müssten. Ausschlaggebend werde dafür die Einschätzung von Chefunterhändler Barnier sein, der künftig bei allen Gipfeln der EU 27 dabei sein soll.

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