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Wenn schon nicht über Euro-Bonds, worüber reden sie dann eigentlich?

© dapd

Treffen von Merkel und Sarkozy: Euro-Bonds sind offiziell kein Thema

Euro-Bonds stehen beim Treffen von Angela Merkel mit Nicolas Sarkozy in Paris offiziell nicht auf der Agenda. Diskutiert wird dennoch darüber. Auch in der Union zeigt die Ablehnungsfront gegen Eurobonds erste Risse.

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Die Absage der Kanzlerin am Montag war zwar klar und deutlich. „Euro-Bonds sind kein Thema“, suchte Regierungssprecher Steffen Seibert die seit Tagen anschwellende Debatte um gemeinsame europäische Staatsanleihen zu dämpfen. Und doch wollte es Angela Merkels Sprecher nicht gelingen, die Berliner Journalisten von der langfristigen Ernsthaftigkeit der Position seiner Chefin zu überzeugen. Auch nicht mit dem Hinweis, es werde am Dienstag keinen „Paukenschlag“ geben. Zu laut sind mittlerweile die Rufe nach dem vermeintlichen Rettungsanker der kriselnden Euro-Länder, als dass man glauben will, dass sich Merkel und Sarkozy am Dienstagabend mit keinem Wort darüber unterhalten wollen.

Unterdessen zeigt auch in der Union die Ablehnungsfront gegen Eurobonds erste Risse. Mehrere CDU-Politiker sprachen sich gegen Merkels striktes Nein zu den gemeinsamen europäischen Anleihen aus. Der CDU-Abgeordnete Johann Wadephul warnte vor Tabus in der Diskussion: „Es macht keinen Sinn, eine Schwarz-Weiß-Debatte zu führen“, sagte er dem „Handelsblatt“. Zwar gebe es derzeit keinen Bedarf an den Euroanleihen. „Ich kann aber nicht erkennen, dass sie Teufelszeug sind.“ Auch das CDU-Bundesvorstandsmitglied Armin Laschet forderte im „Handelsblatt“ eine offene Diskussion: „Wir brauchen weitere Integrationsschritte in Europa, vor allem in der Fiskal- und Finanzpolitik.“ Nötig sei ein Gesamtkonzept, zu dem „am Ende auch Eurobonds“ gehören könnten. Nach Einschätzung des CDU-Europaabgeordneten Burkhard Balz ist das strikte Nein der Bundesregierung nicht länger zu halten. „Wir müssen uns deshalb in Deutschland mit der Frage auseinandersetzen, unter welchen Bedingungen wir mit Eurobonds leben können.“

Die FDP beharrte hingegen auf ihrem kategorischen Nein zu Euroanleihen. Wirtschaftsminister Philipp Rösler sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Eurobonds widersprechen dem Prinzip der Eigenverantwortung für eine solide Haushalt- und Wirtschaftspolitik.“ Ähnlich sieht es auch Fraktionschef Rainer Brüderle. Er bezeichnete Eurobonds als „eine Art Zinssozialismus“. „Sie widersprechen nicht nur dem Leistungsprinzip, sondern auch unserer Vorstellung von Europa“, sagte Brüderle der „Rheinischen Post“.

Verlockend scheint allerdings die Aussicht, die anderswo geliebten Euro-Bonds als Druckmittel verwenden zu können, um bei den Euro-Ländern schärfere Sanktionen bei Verstößen gegen gemeinsame Verabredungen zur Wirtschafts- und Haushaltspolitik durchsetzen zu können. In etwa so, wie es der Präsident des Deutschen Groß- und Außenhandelsverbandes (BGA), Alfons Börner, formulierte: „Man muss den Märkten erklären: Wir ergreifen jetzt die notwendigen Maßnahmen, und das heißt Euro- Bonds mit deutscher Handschrift, mit strengen Auflagen.“ Ohne Euro-Bonds werde früher oder später selbst Deutschland sein Top-Rating verlieren, und am Ende drohe eine weltweite Depression. Euro-Bonds sollten daher „sofort, am besten morgen“ kommen.

Bedingt durch den Ferienmonat August und das durch einen Feiertag verlängerte Wochenende, an dem sich das politische Frankreich fast ganz von der Pariser Bühne zurückgezogen hatte, wurde die Frage einer eventuellen Einführung von Euro-Bonds vor dem heutigen Gipfeltreffen von Präsident Sarkozy und Kanzlerin Merkel in den französischen Medien kaum diskutiert. Die Idee geistert gleichwohl seit einiger Zeit durch die französische Debatte.

So setzte sich der einflussreiche französische Unternehmerverband Medef kürzlich in einem Plädoyer für „mehr europäische Integration“ auch dafür ein, Euro-Bonds zur Überwindung der Krise zu schaffen. Dieselbe Forderung vertrat Martine Aubry, die Chefin der oppositionellen Sozialisten, in einer gemeinsamen Erklärung mit anderen prominenten sozialistischen europäischen Politikern. Auch prominente Wirtschaftswissenschaftler wie Christian de Boissieu von der Universität Paris oder Jacques Attali, einst Berater des früheren Präsidenten Francois Mitterrand, der sein Wissen jetzt dem derzeitigen Hausherrn des Elysée-Palastes zur Verfügung stellt, halten Euro-Bonds für geeignete Kriseninstrumente. Nur Präsident Nicolas Sarkozy zeigte sich bisher wenig davon angetan.

Das Thema stehe nicht auf der Tagesordnung des heutigen Treffens mit Merkel, erklärte der Elysée-Palast denn auch am Montag. Wobei offen ist, ob das Thema für Sarkozy nicht aktuell ist, weil er weiß, dass er damit auf Widerstand der Kanzlerin stößt, oder ob er die Bedenken der deutschen Regierungschefin teilt. Bereits im Dezember vergangenen Jahres hatte sich Sarkozy ebenso wie Merkel gegen die Schaffung von Euro-Bonds gewandt. Die Argumente, die damals vorgebracht wurden, sind aus französischer Sicht unverändert gültig. Durch gemeinsame Kreditaufnahmen würden die Zinsen in den stärkeren Ländern – dazu gehört Frankreich immer noch – steigen. Infolge der niedrigeren Zinsen, die sie im Vergleich zu nationalen Krediten zu zahlen hätten, würde der Reformdruck auf die Schuldnerländer sinken. Gemeinsame Schulden würden zudem eine Mitsprache der EU bei der nationalen Budgetpolitik erfordern. Das aber ist Paris ebenso wenig wie Berlin bereit zu akzeptieren.

Hinzu kommt, dass viele technische Fragen wie die, wer die Schuldscheine ausgeben soll (die EU-Kommission oder der Europäische Stabilitätsfonds?) und wie groß der jeweilige europäische Anteil sein würde, noch völlig ungeklärt sind. Erst im Herbst soll eine Machbarkeitsstudie der EU-Kommission dazu vorliegen.

Bei dem Treffen mit der Kanzlerin will sich der Präsident daher laut Elysée-Palast auf die im Anschluss an den Euro-Gipfel vom Juli anstehenden Fragen wie die Umsetzung der Beschlüsse zur Erweiterung der Aufgaben des Europäischen Stabilitätsfonds und der besseren Koordination der Euro-Zone konzentrieren.

Sarkozy brennt außerdem ein anderes Thema auf den Nägeln: die Zweifel an der Bonität Frankreichs als Schuldnerland, denen er gemeinsam mit Merkel durch ein Bekenntnis zu rigoroser Budgetpolitik den Boden zu entziehen hofft.

Für Angela Merkel wäre ein solches Bekenntnis schon mal ein Zeichen der Bestätigung ihres europapolitischen Kurses. Der nämlich, so sagte ihr Sprecher Seibert am Montag, fuße auf der Erkenntnis, dass einzig die beherzte Konsolidierung der Staatshaushalte aus der Krise herausführte und weitere Krisen verhinderte. Und wäre es ohne Merkels Hartnäckigkeit in den vergangenen Monaten dazu in Athen oder Rom gekommen? (mit rtr)

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