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Politik: Treiber und Getriebene

Die Beschlüsse des Jobgipfels sollen zügig umgesetzt werden – konkrete Gesetzentwürfe gibt es aber nicht

Von Robert Birnbaum

Berlin - Volker Kauder klingt verschnupft. „Ohne uns hätte der Bundeskanzler nicht mal die Vorschläge gemacht“, sagt der CDU-Generalsekretär am Donnerstag dem Frühstücksfernsehen. Am Mittwoch hatte Gerhard Schröder seinen Staatsminister Frank-Walter Steinmeier in die Öffentlichkeit geschickt. Steinmeier hat dort den Eindruck eines Menschen abgeliefert, der sich Sorgen macht um den Willen der Opposition, die auf dem Jobgipfel vereinbarten Maßnahmen konstruktiv umzusetzen. Und den Eindruck einer Regierung, die jetzt aber ganz energisch auf das Gaspedal tritt und sogar einen umfassenden Zeitplan vorlegt. Beides Eindrücke, die Kauder nicht stehen lassen mag. „Es sind drei Wochen rum, und jetzt kündigt der Chef des Kanzleramts an, dass sie mal an die Arbeit gehen!“, höhnt er.

Kauder hätte noch viel verschnupfter geklungen, hätte er zu dieser frühen Morgenstunde schon den Brief gekannt, den der SPD-Partei- und Fraktionschef Franz Müntefering an die SPD-Abgeordneten geschrieben hat – respektive, das ist das Wesen solcher Briefe, an die Öffentlichkeit. Es werde sich ja zeigen, schreibt Müntefering da, ob die CDU- Chefin Angela Merkel und der CSU-Chef Edmund Stoiber sich konstruktiv verhielten oder sich „in parteitaktischen Spielchen verirren“. Es folgen ein paar gallige Anmerkungen über „Miesmacher und Bedenkenträger, die uns weghaben wollen“, und die Parole: „Wir erneuern das Land und wir halten es zusammen!“

Man sieht schon: Es geht um die Lufthoheit über dem Reformhaus Deutschland. Die Regierenden versuchen, sich von Getriebenen in Antreiber zu verwandeln; die Opposition versucht, nicht als Bremser zu erscheinen, sondern als der wahre Antreiber. Die Unionsfraktion hat dazu am Donnerstag einen Wachstumskongress abgehalten, und zwar in Hürth bei Köln – was erahnen lässt, wessen Wachstum bei welcher Landtagswahl die Veranstalter zuvörderst im Blick hatten. Merkel hat die Gelegenheit jedenfalls genutzt, noch einmal zu erklären, dass die Ergebnisse des Jobgipfels eher mager seien und darum vor allem den Beweis lieferten, dass Rot- Grün zur notwendigen Erneuerung des Landes gar nicht mehr in der Lage sei.

Abseits solch durchsichtiger Manöver gehen die Beratungen über die Umsetzung des Jobgipfels ihren verabredeten Gang. Am Freitag trifft sich Finanzminister Hans Eichel (SPD) mit dem bayerischen Kollegen Kurt Faltlhauser (CSU) und dem NRW-Kollegen Jochen Diekmann (SPD), um über die Finanzierung der geplanten Unternehmensteuersenkung zu reden. Die Union besteht bislang – Merkel bekräftigte das in Hürth – auf einer Finanzierung ohne „Pump“. Sie beruft sich dabei auf den Kanzler: Schröder habe im Gespräch mit Merkel und Stoiber selbst angekündigt, die Maßnahme werde komplett gegenfinanziert, heißt es in der Union. Das bedeute im Kern auch: ohne großzügig eingeplante Selbstfinanzierungseffekte. Dass CSU-Landesgruppenchef Michael Glos sich neulich bereit erklärt hatte, gewisse Unschärfen in Kauf zu nehmen, stehe dazu nicht im Gegensatz; schließlich könne kein Mensch genau sagen, was zum Beispiel die erwogene Abschaffung der Filmfonds-Steuersparmodelle dem Fiskus wirklich bringe.

Strittig bleibt vor dem Treffen weiter etwas, das wie eine Formalie wirkt. Kauder bestand darauf, dass Eichel nicht bloße Ideen mitbringen dürfe, sondern einen konkreten Gesetzentwurf vorlegen müsse. „Wir werden dann die Entwürfe prüfen, und wenn sie unseren Ansprüchen genügen, kann es ruck, zuck gehen“, versicherte der CDU-General – Beschlussfassung noch vor der NRW-Wahl am 22. Mai. Nun hat Eichel aber schon gesagt, dass er erst mal keinen Gesetzentwurf mitbringt. Woraus zu folgern wäre: Mit Ruck-Zuck wird das nichts – aber schuld daran sein will keiner.

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