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Politik: Trifft Birmas Militär die Opposition?

Juntachef zu Gespräch mit Suu Kyi bereit – unter Bedingungen / Schicksal von Verhafteten unklar

Berlin - Mehr als eine Woche nach der militärischen Niederschlagung von Protesten in Birma hat sich der Juntachef General Than Shwe unter bestimmten Bedingungen zu einem Treffen mit Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi bereit erklärt. Das berichteten staatliche Medien in Birma am Donnerstag. Shwe habe dem UN-Gesandten Ibrahim Gambari gesagt, er werde Suu Kyi persönlich treffen, wenn sie von ihrer Haltung der „Konfrontation, Verwüstung und Sanktionen“ abrücke. Die Nobelpreisträgerin steht weiter bewacht von hunderten Polizisten unter Hausarrest.

Wie Außenamtssprecher Sean McCormack am Donnerstag in Washington mitteilte, hat die birmanische Führung außerdem die US-Geschäftsträgerin Shari Villarosa zu einem „Briefing mit Regierungsvertretern“ am Regierungssitz Naypyidaw gebeten. Junta-Chef Than Shwe hatte am Dienstag den UN-Sonderbeauftragten Ibrahim Gambari getroffen.

Birmas Militärregierung versucht unterdessen weiterhin, das Land von der Außenwelt abzuschotten. Informationen dringen allenfalls spärlich nach draußen, weil die Machthaber Telefon- und Internetleitungen nach wie vor gekappt haben. Auch über Todesopfer und Gefangene der Straßenproteste gibt es bislang keine verlässlichen Zahlen. Der britische Sender BBC meldete, in Birma seien in den vergangenen Tagen mehr als 10 000 Menschen verhaftet worden. Die Festgenommenen würden vermutlich in leer stehenden Regierungsgebäuden in Rangun zu Verhören festgehalten. Nach Angaben der Oppositionsorganisation 88 Generation Students gibt es inzwischen 130 Todesopfer und mindestens 2000 Gefangene. Die Militärführung bezifferte die Zahl der Festgenommenen am Donnerstag auf 2000. Die Polizei habe ein Ausgehverbot genutzt, um Razzien in Klöstern durchzuführen, sagte der französische Botschafter Jean-Pierre Lafosse dem Radiosender RTL. Mönche seien mit Lastwagen fortgebracht worden.

In Rangun wurden zwei weitere Klöster vom Militär geräumt, 30 Mönche festgenommen. Das erfuhr der Tagesspiegel von Bo Kyi, Sprecher der Assistance Association for Political Prisoners in Burma (AAPP), einer Hilfsorganisation für politische Gefangene in Birma mit Sitz im benachbarten Nordthailand. Bewohnern eines Viertels der Millionenstadt Rangun zufolge hatten viele Festgenommene versucht, eine Razzia in einem Kloster zu verhindern und fliehenden Mönchen zu helfen. Weitere Klöster seien in den Städten Mandalay, Pakokku und Magway durchsucht worden, sagte AAPP–Sprecher Kyi. In Mandalay seien 50 Studenten festgenommen worden, die für ihre Beteiligung an den Protesten mit fünf Jahren Gefängnis bestraft werden sollen, sagte Kyi. Eine Prognose darüber, wie viele Menschen insgesamt von derartigen Repressalien betroffen seien, wollte Kyi im Gespräch mit dem Tagesspiegel aber nicht wagen.

Die meisten Gefangenen aus Rangun sollen in dem berüchtigten Insein-Gefängnis untergebracht sein. Insgesamt sollen am Donnerstag und am Mittwoch 150 Mönche und 149 Frauen freigelassen worden sein. Ein Verwandter einer Freigelassenen berichtete, dass die Verhörten in vier Kategorien eingeteilt worden seien: in Vorbeilaufende, Zuschauer, Applaudierende und Teilnehmer der Demonstrationen. Die Freigelassenen berichteten außerdem von Misshandlungen und Schlägen. „Ernährungs- und Lebensbedingungen sind schrecklich“, sagte ein Mönch. Auch AAPP-Sprecher Kyi äußerte sich sehr besorgt über die Situation in den Gefängnissen. Viele Gefangene seien bei der Festnahme verletzt worden und seien nun ohne medizinische Versorgung. Ein Informant in einem birmesischen Gefängnis, den Kyi aus Sicherheitsgründen nicht namentlich nennen wollte, habe ihm von Folterungen, mangelnder Versorgung mit Wasser und Nahrung und unzureichenden medizinischen Verhältnissen berichtet. Außerdem dürften die Verhafteten nicht mit ihren Verwandten kommunizieren.

„Unter den Gefangenen sind Menschen mit Wunden von ihrer Gefangennahme, Herzproblemen, Diabetes und hohem Blutdruck. Einige haben Hautkrankheiten, da die Gefängnisse voller Moskitos sind und die Gefangenen keine Moskitonetze besitzen“, sagte Kyi. Aus einem Gefängnis sei ihm bekannt, dass dort allein in diesem Jahr 40 Gefangene aufgrund von Folter, Verletzungen oder mangelnder medizinischer Versorgung und Ernährung gestorben seien. Birmesische Gefängnisse sind für ihre katastrophalen Zustände seit langem bei Menschenrechtsorganisationen bekannt.

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