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Politik: Trittin droht Industrie mit höherer Ökosteuer

Umweltminister verlangt zügigere Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes / SPD-Vorstandsmitglied Scheer nennt Überarbeitung der Steuer „längst überfällig“

Berlin. Einen Tag vor dem Spitzengespräch des Bundeskanzlers mit den Chefs der vier größten deutschen Energiekonzerne hat Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) Vergünstigungen für die Industrie bei der Ökosteuer in Frage gestellt. Wenn die Firmen die vereinbarten Klimaschutz-Ziele nicht erreichten, könnten diese gestrichen werden, drohte Trittin. „Derzeit wird die Industrie für ihre Selbstverpflichtung damit belohnt, dass sie nur 60 Prozent des normalen Ökosteuer-Satzes zahlt“, sagte der Umweltminister der „Berliner Zeitung“. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte am Mittwoch, er gehe davon aus, dass die Unternehmen wüssten, was sie zugesagt hätten.

Die Wirtschaft hatte sich verpflichtet, bis 2010 den Ausstoß an Kohlendioxid um 35 Prozent zu verringern. Dieses Ziel halte mittlerweile auch der Bundesverband der Deutschen Industrie in einem Gutachten für unrealistisch, kritisierte Trittin.

Unterstützung erhält der grüne Umweltminister vom Koalitionspartner: „Ich teile die Kritik“, sagte SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer dem Tagesspiegel. Es sei „längst überfällig“, dass Ausnahmen bei der Ökosteuer überarbeitet würden. Diese sollten abhängig gemacht werden von der Vorlage eines Energie-Audits. Die Unternehmen sollten nachweisen, dass sie Maßnahmen zur Minderung des Energieeinsatzes getroffen hätten. „Sonst sind die Ausnahmen nicht zu rechtfertigen“, sagte Scheer.

Trittin begründet seinen Vorstoß mit möglichen Bedenken aus Europa. Wenn die Industrie ihre Selbstverpflichtungen nicht einhalte, rechne er damit, „dass uns die EU dazu zwingen wird, diese Vergünstigung zu streichen“, sagte Trittin. Laut EU-Kommission ist derzeit in Brüssel allerdings kein entsprechendes Prüfverfahren für unerlaubte Beihilfen anhängig. Es werde lediglich geprüft, ob der von der Bundesregierung beantragte niedrigere Steuersatz für Bioraps EU-konform sei, sagte Tilman Lüder, Sprecher von EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti, dem Tagesspiegel. Martin Jänicke, Mitglied im Sachverständigenrat für Umweltfragen, sagte dem Tagesspiegel, dass die im vergangenen März von den EU-Finanzministern beschlossene Harmonisierung der Energiesteuern in der Europäischen Union der gegenwärtigen deutschen Regelung ohnehin sehr nahe komme.

Für 2004 meldete die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt indes Gesprächsbedarf mit der SPD über eine erneute Erhöhung der Ökosteuer an. „Darüber werden wir im nächsten Jahr reden“, sagte sie der „Welt“. Die fünfte und eigentlich letzte Stufe der Ökosteuer war 2003 in Kraft getreten. Für „wichtiger“ halte er es, die Konsistenz der Ökosteuer zu erhöhen, sagte der SPD-Energiepolitiker Scheer.

Am Donnerstag will sich Kanzler Gerhard Schröder (SPD) mit den Chefs der vier Energiekonzerne RWE, Eon, Vattenfall Europe und Energie Baden-Württemberg treffen, um über die künftige Energiepolitik zu reden. An dem Gespräch soll auch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) teilnehmen, während Trittin der Runde nicht angehört. Trittin setzte sich im Gespräch mit der „Zeit“ für eine Erhöhung des Anteils von Strom aus erneuerbaren Energien von derzeit acht auf 12,5 Prozent an der Stromproduktion bis 2010 ein.

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