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Politik: Tröste mich

Seife aus Paris: Die Titelgeschichte von Annie Saumonts ersten auf Deutsch erschienenen Novellen ist ein Versprechen. Dass eine Liebe gut gehen kann, die mit einer Lebenslüge begann.

Seife aus Paris: Die Titelgeschichte von Annie Saumonts ersten auf Deutsch erschienenen Novellen ist ein Versprechen. Dass eine Liebe gut gehen kann, die mit einer Lebenslüge begann. Mit einer zärtlichen Geste tröstet ein Mann seine Frau über den von ihm mitverschuldeten Tod des geliebten Onkels. Der war Kollaborateur und schenkte dem Mädchen Beute-Seife der deutschen Besatzer. Saumont gönnt der Frau die stumme Abbitte – und lebenslange Naivität. Gewöhnlich steigern sich in ihren Kurzgeschichten Verrat und Grausamkeit zur Tragödie: Voller Lebensekel liefert ein verstoßenes Kind eine versteckte Jüdin an die Deutschen aus. Die heimliche Lust zweier jugendlicher Sanatoriumspatienten mündet in ein verlorenes Leben. Es fiele schwer, Saumont die Trostlosigkeit ihrer Texte zu verzeihen, wären da nicht ihr faszinierendes Spiel mit Geschlechterrollen und eine Syntax, die schicksalhafte Brüche genau abbildet. Vergangenheitsbewältigung der 1927 geborenen Grande Dame der Novelle? Vielleicht. Die Last des Scheiterns legt sie auf die Schultern ihrer Leser. Die tragen daran mit Genuss.

Annie Saumont: Seife aus Paris. Novellen. Aus dem Französ. von Barbara Heber-Schärer, Susanne Nadolny u.a. Edition Ebersbach, Berlin. 160 S., 19 €.

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