zum Hauptinhalt
Innenminister Thomas de Maizière will eine bessere Vernetzung der Behörden, um besser gegen Einbrecherbanden vorzugehen zu können.

© dpa

Trotz steigender Einbruchszahlen: De Maizière will keine zentrale Anti-Einbrecher-Behörde

Die Zahl der Einbrüche ist so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr. Immer mehr professionelle Banden sind unterwegs. Innenminister de Maizière (CDU) möchte die Behörden besser vernetzen - und keine zentrales Lagezentrum.

Von

Infolge der starken Zunahme von Einbruchsdelikten will Innenminister Thomas de Maizière (CDU) die zuständigen Behörden besser über die Landesgrenzen hinweg vernetzen. "Wir müssen das international angehen. Das wird ein Schwerpunkt unserer Arbeit für die nächsten vier Jahre", sagte der Politiker am Mittwoch bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik in Berlin. Ralf Jäger, Innenminister von Nordrhein-Westfalen, ergänzte: "Die Verbrecher machen vor Ländergrenzen keinen Halt. Deswegen dürfen die Ermittlungen nicht an bürokratischen Hürden scheitern."

Jäger sprach von einem "neuen Typ" Krimineller, der "marodierend durchs Land" ziehe. Meist stammten die Banden aus Südosteuropa und seien "schnell, mobil und bestens vernetzt". Beide Minister versicherten, keine neuen Institutionen schaffen zu wollen, sondern einen effizienteren Datenaustausch zwischen Bund, Ländern und europäischen Nachbarn anzustreben. "Es wird kein zentrales Lagezentrum geben", sagte Jäger. Die Polizei habe bereits ihre Labore aufgerüstet, um einzelne - meist an Autobahnen entlang führende - Einbruchsserien gewissen Banden zuordnen zu können.

"Auch wenn der materielle Schaden für die Betroffenen eher gering ist - die meisten haben Hausratsversicherungen -, nehmen wir die Lage sehr ernst. Es geht um die emotionalen Folgen eines Eindringens in den privaten Raum, das für die Opfer oft traumatisch ist", sagte der SPD-Politiker.

Nur 15 Prozent der Einbrüche werden aufgeklärt

Trotzdem kommen die Einbrecher bisher in den meisten Fällen davon. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, fand drastische Worte: „Deutschland ist eine Oase für Wohnungseinbrecher.“ Während ansonsten mehr als die Hälfte der Straftaten hierzulande aufgeklärt werden können, sind es bei Einbrüchen gerade mal 15 Prozent. Dabei gibt es immer mehr davon. Durchschnittlich wird hierzulande alle dreieinhalb Minuten in eine Wohnung eingebrochen.

Demnach hätten die Einbrüche im vergangenen Jahr um 3,7 Prozent auf 149500 zugenommen – das sind so viele Fälle wie seit 15 Jahren nicht mehr. Allein innerhalb der vergangenen fünf Jahre seien die Delikte um 33 Prozent gestiegen. Das hängt nach Angaben von Kriminologen und der Polizeigewerkschaft vor allem mit der Täterstruktur zusammen. So würden immer mehr professionelle und arbeitsteilig organisierte Banden zuschlagen, die nur schwer zu schnappen seien. In Großstädten käme noch die Beschaffungskriminalität dazu, sagt Wendt. „Da sind die Täter typischerweise jung, männlich und drogenabhängig. Sie profitieren vom anonymen Umfeld.“ In der Rangliste aller Einbrüche liegt Bonn dem Bericht zufolge mit 563,8 Einbrüchen pro 100000 Einwohner vorne. Es folgen Aachen und Köln. Berlin verzeichnet bei einer Aufklärungsrate von sieben Prozent immerhin noch 342,7 Einbrüche je 100000 Einwohner; am sichersten war es 2013 in Augsburg (53,9).

Nicht bruchsicher. Alle dreieinhalb Minuten findet in Deutschland ein Einbruch statt.
Nicht bruchsicher. Alle dreieinhalb Minuten findet in Deutschland ein Einbruch statt.

© dpa

Dass sich am allgemeinen Trend zu mehr Einbrüchen etwas ändert, glaubt der Gewerkschaftsvorsitzende nicht. „Die Qualität der vorhandenen Ermittler ist gut, aber es fehlt schlicht an Personal, Technik und Analysekompetenz“, sagt er. „Beim Bürger muss so die Botschaft ankommen, der Staat kümmere sich nicht und verwalte lediglich.“ Das Innenministerium möchte sich zu den Zahlen und den daraus resultierenden Konsequenzen mit Verweis auf die Vorstellung der Statistik am Mittwoch nicht vorab äußern.

NRW startet ein Pilotprojekt

Wendt beklagt, dass die Politik „das Feld immer noch zu sehr der Privatwirtschaft überlässt“. Tatsächlich verzeichnete der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) im Fall von Einbrüchen 2013 Rekordkosten, wie er am Montag mitteilte. Demnach leisteten die Versicherer 480 Millionen Euro und damit 20 Millionen mehr als noch im Jahr zuvor. „Zu oft finden Einbrecher nur wenig gesicherte Wohnungen und Häuser“, sagte der GDV-Vorsitzende Jörg von Fürstenwerth. Darüber hinaus seien die Summen gestiegen, weil die Haushalte über immer mehr teure technische Geräte wie Laptops oder Smartphones verfügen.

Doch was folgt daraus? Immer mehr Vorsichtsmaßnahmen? Das vierte Sicherheitsschloss an der Tür? Komplett verriegelte Häuser? Nach Aussage der Polizei ist es zwar ratsam, sich ausreichend abzusichern, dennoch benötige es grundlegende Veränderungen bei den Ermittlungen. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise ist ein Pilotprojekt gestartet, bei dem Schutzpolizisten in die Suche nach Einbrechern eingebunden werden. Sie überprüfen verdächtige Personen im Rahmen üblicher Verkehrskontrollen. Weil so mögliche Reisewege der Kriminellen besser verfolgt werden können, sei gerade bei organisierten kriminellen Banden eine höhere Aufklärungsrate möglich, versprach NRW-Innenminister Jäger am Mittwoch.

Abgeschreckt fühlen sich die Täter dadurch bisher noch nicht. Im Gegenteil: Immer mehr von ihnen, auch das zeigt die Statistik, brechen tagsüber in Wohnungen und Häuser ein. Mit ziemlicher Gewissheit, sowieso nicht geschnappt zu werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false