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Es ist das erste Mal, dass ein Bundesminister von seiner Gattin bei einem Truppenbesuch in Afghanistan begleitet wird, wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte.

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Exklusiv

Truppenbesuch: Gysi: Afghanistan ist für Entertainment ungeeignet

Verteidigungsminister Guttenberg ist gemeinsam mit seiner Ehefrau zu einem Überraschungsbesuch der Bundeswehr in Afghanistan eingetroffen. Johannes B. Kerner durfte auch mit. Die Opposition kritisiert die "Selbstinszenierung".

SPD und Linkspartei haben Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Selbstinszenierung auf Kosten der Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan  vorgeworfen. Der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels sprach von einer "befremdlichen Inszenierung": "Die Soldaten werden für die Show des Ministers instrumentalisiert", sagte er dem Tagesspiegel. Eine verantwortliche Dienstaufsicht sehe anders aus. Der Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, sagte der Zeitung: "Afghanistan ist das letzte Land, dass sich für Showbusiness und Entertainment eignet. Die ministerielle PR-Aktion mit Gattin und Talkshowtross verbessert weder die Lage im Land, noch macht sie den von der klaren Mehrheit der Deutschen abgelehnten Bundeswehreinsatz richtig."

Guttenbergs Selbstinszenierung werde dem Ernst der Lage in Afghanistan in keiner Weise gerecht. "Die Soldaten werden so gleich doppelt missbraucht: für einen falschen Krieg und nun auch noch als Staffage auf den heimatlichen Bildschirmen", sagte Gysi.

Der Verteidigungsminister hält sich derzeit mit seiner Ehefrau Stephanie bei einem Truppenbesuch in Afghanistan auf. Er wird dabei auch von einem Team der Talkshow "Kerner" begleitet.

„Es ist ganz wichtig, dass man gerade in der Weihnachtszeit jenen Anerkennung und Unterstützung gibt, die tausende Kilometer von der Heimat entfernt einen harten Dienst absolvieren“, sagte der Minister.

„Es ist eine Frage des Herzens.“ Begleitet werden die Guttenbergs von den Ministerpräsidenten Niedersachsens und Sachsen-Anhalts, David McAllister und Wolfgang Böhmer. Zur Delegation zählt auch Johannes B. Kerner, der in Afghanistan eine Talkshow mit dem Verteidigungsminister und mit Soldaten aufzeichnen will. Stephanie zu Guttenberg will während des Aufenthaltes in Afghanistan ein Feldlazarett besuchen und vor allem mit deutschen Soldatinnen reden.

Guttenberg sagte zur Mitreise seiner Frau: „Es war ihr eigener Wunsch, und es war ein Wunsch, der immer wieder aus der Truppe geäußert wurde.“ Der gemeinsame Besuch solle zeigen, „dass der Einsatz der Soldaten nicht nur politisch getragen wird, sondern darüber hinaus“. Es gebe eine lange Tradition, dass sich die Frauen der Verteidigungsminister für die Truppe engagierten.

Zur Lage in Afghanistan sagte Guttenberg: „Die Gefechtssituation ist härter und länger als in den Wintern zuvor.“ In den vergangenen Monaten seien aber Fortschritte erkennbar gewesen. „Da muss man sich die Realitäten schildern lassen.“ Das gelte insbesondere vor dem Hintergrund der Debatte über die Verlängerung des Mandats.

Der Verteidigungsminister ist zum siebten Mal seit seinem Amtsantritt im Herbst 2009 am Hindukusch. Er hat sich vorgenommen, die deutschen Soldaten im Einsatz alle zwei Monate zu besuchen.

Dass der Minister nun wenige Tage vor Weihnachten seine Frau mit in das Kriegsgebiet nimmt, ist ein Novum. Ebenfalls neu ist, dass zwei Ministerpräsidenten der Delegation angehören. McAllister und Böhmer wollen mit ihrer Teilnahme an der Reise den Einsatz der Soldaten aus ihren Bundesländern in Afghanistan würdigen. Von den acht in diesem Jahr gefallenen Bundeswehrsoldaten waren vier Fallschirmjäger aus dem niedersächsischen Seedorf. Böhmer hatte erst im Oktober im sachsen-anhaltinischen Burg 240 Soldaten eines Logistikbataillons nach Afghanistan verabschiedet.

Die Reise findet zu einem politisch brisanten Zeitpunkt statt. In dieser Woche legt die Bundesregierung ihren Fortschrittsbericht zum Afghanistan-Einsatz vor. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) gibt dazu am Donnerstag eine Regierungserklärung im Bundestag ab.

Der Rückhalt für den Einsatz im Parlament droht zu bröckeln. Die SPD will einer Verlängerung des Mandats im Januar nur zustimmen, falls das derzeit rund 5000 Soldaten starke deutsche Kontingent bereits 2011 verkleinert wird. Westerwelle hat die Truppenreduzierung erst für 2012 in Aussicht gestellt. (Tsp/dpa)

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