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Politik: Tschetschenische Luftpiraten: Flugzeug-Entführung war lange geplant

Das Drama dauerte fast 24 Stunden: Kurz nach 12 Uhr Ortszeit stürmten saudi-arabische Spezialeinheiten die russische Verkehrsmaschine, die am Donnerstag mit 162 Passagieren und 12 Besatzungsmitgliedern an Bord auf dem Flug von Istanbul nach Moskau entführt worden war. Bei der Erstürmung des Flugzeuges, die nur wenige Minuten dauerte, kamen drei Menschen ums Leben: eine russische Stewardess, eine türkische Bürgerin und der jüngste der drei Terroristen.

Das Drama dauerte fast 24 Stunden: Kurz nach 12 Uhr Ortszeit stürmten saudi-arabische Spezialeinheiten die russische Verkehrsmaschine, die am Donnerstag mit 162 Passagieren und 12 Besatzungsmitgliedern an Bord auf dem Flug von Istanbul nach Moskau entführt worden war. Bei der Erstürmung des Flugzeuges, die nur wenige Minuten dauerte, kamen drei Menschen ums Leben: eine russische Stewardess, eine türkische Bürgerin und der jüngste der drei Terroristen. Er erlitt im Nahkampf mehrere schwere Verwundungen und starb nach zehn Minuten.

Im Laufe der Nacht und des Vormittags waren nach Auskunft des russischen Botschafters in Saudi-Arabien insgesamt 50 Geiseln, vor allem Frauen und Kinder freigelassen worden. 15 weitere konnten, wie das russische Staatsfernsehen meldeten, das Flugzeug, von den Entführern unbemerkt, durch einen Notausstieg verlassen.

Bei den Attentätern handelt es sich um Tschetschenen, die zu den engsten Verbündeten von Präsident Aslan Maschadow gehören. Ihr Anführer Aslanbek Arsajew hatte unter Maschadow zeitweilig den Posten des Innenministers und befehligte in beiden Kriegen eine der insgesamt vier Fronten der Separatisten. Der Anschlag war offenbar lange geplant. Ali Mohammed Atfajew, Maschadows ständiger Vertreter in Jordanien, wo es eine starke tschetschenische Diaspora gibt, versorgte das russische Fernsehen unmittelbar nach Bekanntwerden des Anschlags mit Details aus der Vita der Entführer. Die Geiselnahme, so Atfajew, sei kein Gewaltakt gegen friedliche Zivilisten, sondern solle die Welt darauf aufmerksam machen, dass das tschetschenische Volk von Völkermord bedroht ist. An Bord sei eine Kassette mit Aufnahmen von jüngsten Verbrechen der Russen gegen die Menschlichkeit in Tschetschenien. Dort waren im ersten Krieg Mitte der Neunziger 80 000 bis 100 000 Menschen umgekommen, im zweiten, der im Oktober 1999 begann, weitere 17 000. Darunter vor allem Zivilisten.

Die russische Staatsanwaltschaft hat mit den Saudis bereits Verhandlungen über die Auslieferung der Terroristen begonnen. Der Prozess, so Putins persönlicher Berater Sergej Jastrschembski gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax, müsse vor einem russischen Gericht stattfinden. Für Flugzeugentführung sieht Paragraph 211 des russischen Strafgesetzbuchs Haftstrafen unter erschwerten Bedingungen von mindestens 15 Jahren vor. Bei einem Verfahren vor einem saudischen Scharia-Gericht ist ihnen die Todesstrafe sicher.

Putin, der sich über das Drama alle zwei Stunden von einem am Donnerstagabend gebildeten operativen Stab des Inlandgeheimdienstes FSB informieren ließ, hat unterdessen seinen Kurzurlaub abgebrochen und ist in der Nacht nach Moskau zurückgekehrt. Die Saudis hätten das Flugzeug mit Putins ausdrücklicher Ermächtigung gestürmt, sagte Berater Jastrschembski. Putin habe sich außerdem kategorisch gegen einen Weiterflug der Maschine vor der Freilassung aller Geiseln ausgesprochen.

Genau darüber aber verhandelten die Geiselnehmer offenbar bis zur letzten Minute mit den Saudis: Am Vormittag hatten sie die entführte TU-154 in Medina für einen Flug von 5000 Kilometer betanken lassen. Die maximale Reichweite von Maschinen dieses Typs liegt bei 6600 Kilometer. Als Reiseziel hatten die Geiselnehmer die Städte Kabul und Kandahar im Südosten Afghanistans angegeben. Dort befindet sich das Hauptquartier der Taliban, mit denen die tschetschenischen Separatisten sehr intensive Kontakte unterhalten.

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