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Tsunami: Welle im Computer

Das Warnsystem muss schnell sein – aber nicht vorschnell. Als sich die Bundesregierung vor fünf Jahren bereit erklärte, in Indonesien beim Aufbau eines Tsunami-Frühwarnsystems zu helfen, standen die Wissenschaftler deshalb vor einer schweren Aufgabe.

Wann der Tsunami kommt, weiß keiner. Dass irgendwann erneut eine große Welle auf Indonesien zurollt, ist aber ziemlich sicher: „Die Spannung im Untergrund von Sumatra ist groß genug, um weiter schwere Erdbeben auszulösen“, sagt Alexander Rudloff vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam. Heftige Erschütterungen des Meeresgrundes können zu den gefürchteten Flutwellen führen – wie zuletzt Ende September bei den Samoainseln. Aber das tun sie nicht zwangsläufig. Es wäre also unsinnig, bei jedem Erdbeben eine Tsunamiwarnung zu geben – nach mehreren Fehlalarmen würden die Menschen die Gefahr nicht mehr ernst nehmen.

Als sich die Bundesregierung vor fünf Jahren bereit erklärte, in Indonesien beim Aufbau eines Tsunami-Frühwarnsystems zu helfen, standen die Wissenschaftler deshalb vor einer schweren Aufgabe. Die Apparate sollen zeigen, ob ein Beben tatsächlich eine Flutwelle ausgelöst hat und in welcher Region und mit welcher Macht diese ans Ufer schlagen wird – und das alles binnen weniger Minuten. Unter Federführung des GFZ und mit einer Unterstützung von 50 Millionen Euro durch das Bundesforschungsministerium machten sich die Experten an die Arbeit.

Im November 2008 wurde das Frühwarnsystem offiziell übergeben, zurzeit wird es getestet und optimiert. „Wir können damit nicht verhindern, dass es bei künftigen Flutwellen Todesopfer gibt“, stellt Rudloff klar. „Aber wir wollen es schaffen, dass künftig wesentlich mehr Menschen rechtzeitig gewarnt und in Sicherheit gebracht werden können.“

Dazu nutzen die Forscher einerseits Seismometer, die auf Ort und Stärke von Erdbeben verweisen. Um festzustellen, ob die Erschütterungen auch eine Flutwelle ausgelöst haben, setzen sie zudem auf Pegelstationen verschiedener Inseln, die vor der indonesischen Küste liegen. Weiterhin sind im Indischen Ozean spezielle Bojen verteilt, die potenzielle Tsunamis bereits erkennen können, wenn diese nur wenige Zentimeter hoch sind. Ihre zerstörerische Größe von mehreren Metern erreichen die Wellen nämlich erst, wenn sie flachere Gewässer an der Küste erreichen.

In ihren Computern haben die Geowissenschaftler nahezu jedes erdenkliche Erdbeben in der Region durchgespielt und den Verlauf der davon ausgelösten Flutwellen gespeichert. Anhand der Daten, die das Messnetz liefert, sollen die Rechner im Ernstfall in Sekundenschnelle erkennen, welches der gespeicherten Szenarien eintritt und die entsprechenden Küstenabschnitte warnen.

Die erste Bewährungsprobe hatte das System im September 2007 als es ein Beben vor der Südküste Indonesiens gab. Schon vier Minuten später wurde eine Tsunamiwarnung gegeben, die Stunden später zurückgenommen wurde. Die große Welle war ausgeblieben.

Voraussichtlich im März soll das Warnzentrum in Jakarta endgültig an Indonesien übergeben werden. Rund zehn Millionen Euro Betriebskosten pro Jahr muss das Land dann aufbringen, um die Geräte in Schuss zu halten und die einheimischen Experten zu bezahlen.

Doch das beste Datenzentrum nützt wenig, wenn die Kommunikation auf der „letzten Meile“ nicht klappt. Deshalb trainieren die indonesischen Behörden auch immer wieder die Alarmierung. Etwa per SMS, Lautsprecherdurchsagen oder Warnboten, die auf Motorrädern am Strand entlang fahren. Je nach Lage des Erdbebens haben die Menschen dann rund 20 Minuten Zeit, um ins rettende Hinterland oder in höhere Stockwerke massiver Betonbauten zu gelangen.

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