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Bundesinnenminister Friedrich muss sich in der Türkei auf harte Wort von dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan einstellen, den der warf am Montag Deutschen und Franzosen mangelnde Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus vor.

© dpa

Türkei-Besuch des Innenministers: Friedrich muss sich auf deutliche Worte gefasst machen

Kurz vor Beginn der Gespräche von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich in Ankara werden Vorwürfe laut: Ministerpräsident Erdogan kritisiert, dass gefährliche Gewalttäter in Deutschland frei herumlaufen könnten.

Deutschland fasst türkische Extremisten mit Samthandschuhen an und ermöglicht damit Terroranschläge wie den auf die US-Botschaft in Ankara vergangene Woche – so lautet der Vorwurf, der am Dienstag kurz vor Beginn der Gespräche von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich in Ankara laut geworden ist. In gewohnter Deutlichkeit kritisierte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, gefährliche Gewalttäter könnten in Deutschland frei herumlaufen. Friedrich muss sich in der türkischen Hauptstadt auf deutliche Worte gefasst machen.

Türkische Beschwerden über Umtriebe militanter türkischer Gruppen in Deutschland sind seit Jahren zu hören, ob es nun um die kurdische PKK geht oder die linksextreme DHKP-C, die den Anschlag von Ankara für sich reklamierte. Die Bundesregierung weist als Antwort auf die Grenzen des rechtsstaatlichen Vorgehens gegen Extremisten hin – was bei türkischen Nationalisten den Verdacht verstärkt, die Deutschen unterstützten radikale Kräfte, um der Türkei zu schaden.

Auch Erdogan benutzt dieses populistische Argument hin und wieder. So warf er am Montag Deutschen und Franzosen mangelnde Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus vor. „Terroristen, die in der Türkei die blutigsten Morde begehen, reisen frei in Europa herum“, sagte er. Aus der Kritik an Europa spricht zum Teil echte Verärgerung, etwa über die Ablehnung türkischer Auslieferungsanträge für PKK-Mitglieder in Deutschland. Die Vorwürfe dienen aber auch dazu, den türkischen Wählern zu erklären, warum die Türkei sich seit Jahrzehnten mit Organisationen wie der DHKP-C und der PKK herumschlägt, ohne die Extremisten endgültig besiegen zu können.

Auf deutscher Seite herrscht jedenfalls der Eindruck, dass die Bundesrepublik in Ankara als „Punchingball für die türkische Öffentlichkeit“ betrachtet wird, wie es ein Diplomat ausdrückt. Das Thema werde wohl auch weiterhin aufs Tapet gebracht werden. Das sieht in der Tat so aus. Am Dienstag berichtete die Zeitung „Hürriyet“, die Berliner Behörden hätten sich vor vier Jahren bei Ermittlungen gegen den späteren Attentäter von Ankara, Alisan Sanli, nicht einmal die Mühe gemacht, die – falschen - Angaben des Verdächtigen zu seinem Wohnort in Kreuzberg nachzuprüfen.

Noch während laufender Ermittlungen der Bundesanwaltschaft sei Sanli im Oktober vergangenen Jahres den deutschen Behörden entwischt, berichtete das Blatt weiter. Gut ein Vierteljahr später zündete er seinen Sprengstoffgürtel in der US-Botschaft von Ankara. Ganz passiv dürfte Friedrich beim Treffen mit seinem türkischen Amtskollegen Muammer Güler aber nicht bleiben. Da ist der Fall Onur U., der im vergangenen Jahr an dem tödlichen Angriff auf Jonny K. am Berliner Alexanderplatz beteiligt gewesen sein soll. U. war nach der Tat in der Türkei untergetaucht – und soll nach Medienberichten nun in der Türkei belangt werden, nicht etwa in Deutschland. Im Fall U. ist es an der deutschen Seite, die Auslieferung eines möglichen Straftäters zu fordern.

Erdogans in jüngster Zeit wieder verschärfte Kritik an der Hinhaltetaktik der EU seinem Land gegenüber hebt die Stimmung beim Besuch des Bundesinnenministers von der Türkei-skeptischen CSU auch nicht gerade. Ob Friedrich an den diversen deutsch-türkischen Baustellen etwas bewegen kann, ist nicht sicher. Zumindest aber wird der Minister seiner Chefin in Berlin wichtige Hinweise auf die politischen Befindlichkeiten in Ankara geben können: In drei Wochen wird Angela Merkel selbst zu Gesprächen in der Türkei erwartet.

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