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Der türkische Präsident Erdogan hat der Verfassungsänderung zugestimmt.

© Reuters

Türkei: Erdogan stimmt Verfassungsreform zu

Ein Termin für das entscheidende Referendum steht bereits fest. Sollten sich die Türken für das Präsidialsystem entscheiden, will Erdogan die Todesstrafe wieder einführen.

Drei Wochen nach dem Parlament hat auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan einer umstrittenen Verfassungsreform zugestimmt, die ihm mehr Befugnisse einräumt. Der stellvertretende Ministerpräsident Numan Kurtulus teilte am Freitag mit, die Volksabstimmung über die Reform werde vermutlich am 16. April stattfinden. Stimmen die Türken mehrheitlich für die Verfassungsreform, wird das parlamentarische System in der Türkei durch ein Präsidialsystem ersetzt werden.

Erdogan argumentiert, die Reform werde in unruhigen Zeiten nach dem gescheiterten Putschversuch vom vergangenen Juli für mehr Stabilität sorgen. Brüchige Koalitionsregierungen sollen dem Präsidenten zufolge mit der Reform der Vergangenheit angehören. Kritiker befürchteten dagegen, dass der Machtzuwachs eine zunehmend autoritäre Herrschaft Erdogans einläuten wird.

Die Zustimmung zu seinem Präsidialsystem verknüpfte Erdogan mit einem Ruf zur Wiedereinführung der Todesstrafe: „Das Ende derer, die meinen Soldaten, meinen Polizisten, meinen Dorfschützer, meinen Bürger zum Märtyrer machen ist genau, wie Ihr sagt, die Todesstrafe", sagte der Präsident. „Wie könnten wir das Blut meines Soldaten, meines Polizisten ungerächt lassen? Deshalb „Ja“ am 16 April.“

Erdogan könnte das Parlament auflösen - und wieder Parteichef werden

Nach der Verfassungsreform könnte der Präsident Dekrete erlassen, den Ausnahmezustand verhängen, Minister und Spitzenbeamte ernennen und das Parlament auflösen. Auch soll er anstelle des Ministerpräsidenten die Regierung führen. Zudem soll er anders als bislang einer Partei angehören dürfen. Erdogan könnte so wieder zum Chef der islamisch-konservativen AKP werden. Für 2019 ist eine gemeinsame Präsidenten- und Parlamentswahl geplant.

Kritik an dem Vorhaben kam am Freitag von Linke-Chef Bernd Riexinger. Bei einem Besuch in Istanbul fand er deutliche Worte für das Vorgehen des türkischen Präsidenten: „Erdogan führt Krieg gegen Teile der eigenen Bevölkerung. Und die Methoden, die dort angewendet sind, sind durchaus mit Terror zu vergleichen.“ Mit Blick auf die zahlreichen Verhaftungen von Oppositionellen und Journalisten sagte Riexinger: „Es ist völlig klar, dass die Türkei auf dem Weg eines modernen Sultanats ist, einer Diktatur."

„Wir leben zurzeit in einer Diktatur“

Die Vize-Fraktionschefin der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP, Filiz Kerestecioglu, dankte Riexinger und seiner Delegation für den Solidaritätsbesuch. Kerestecioglu sagte, inzwischen säßen in der Türkei 2500 HDP-Mitglieder in Untersuchungshaft. Darunter sind die Parteichefs Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag sowie weitere Abgeordnete der zweitgrößten Oppositionspartei im Parlament.

„Wir leben zurzeit in einer Diktatur“, sagte Kerestecioglu. Das von Erdogan angestrebte Präsidialsystem sei „der Versuch, diese Diktatur zu legitimieren“.

(Reuters, dpa)

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