zum Hauptinhalt
Zerbombt. Dieses Haus ist beschädigt, wie so viele in Diyarbarkir.

© Reuters

Türkei gegen PKK: Viel Geld – und Maulesel

Ankara will seine Armee auf die Guerilla-Taktiken der PKK einstellen und gleichzeitig in Rebellengebiete investieren, um die Kurden zu besänftigen.

Wie soll es weitergehen im türkischen Kurdengebiet? Gefechte zwischen den Sicherheitskräften und kurdischen PKK-Rebellen in den vergangenen Monaten haben rund 200 zivile Todesopfer gefordert, ganze Innenstädte wurden zerstört. Die Regierung in Ankara glaubt nun, eine Lösung zu haben. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu will in den kommenden Tagen eine neue Initiative zum Wiederaufbau der Kurdenregion vorstellen. Insgesamt sind 300 Einzelmaßnahmen geplant. Ein wichtiger Akteur fehlt allerdings in Davutoglus Vision: Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) soll keine Rolle spielen.

Davutoglus Programm beruht auf der seit dem Kollaps der Friedensgespräche mit der PKK im Sommer 2015 geltenden Prämisse: Die Rebellen werden nicht als Vertreter der Kurden akzeptiert, sondern wieder als Terroristen bekämpft.

Während der Kampf gegen die PKK weitergeht, sollen die zerstörten Städte in der verarmten Kurdenregion schöner und prächtiger denn je wiederaufgebaut werden. „Wie Toledo“ werde die Kurdenmetropole Diyarbakir in Zukunft aussehen, versprach Davutoglu im Gespräch mit türkischen Reportern während einer Reise nach Saudi-Arabien.

Der Vergleich mit der für ihre malerische Altstadt bekannten spanischen Stadt erscheint recht ambitioniert: Sur, das umkämpfte Viertel von Diyarbakir, sieht derzeit aus wie eine Trümmerstadt im Bürgerkriegsland Syrien. Gekämpft wird dort nach wie vor – und die Verluste steigen. Am Montag meldeten türkische Medien, in Sur seien weitere vier Soldaten gefallen. Aber Davutoglu betont, es gehe jetzt darum, die Zeit nach dem Ende der Gefechte zu planen. Das Kabinett arbeitet an einem Maßnahmenpaket, der Premier selbst will ab sofort jeden Freitag eine kurdische Provinz besuchen und dort das Mittagsgebet verrichten – eine klare Botschaft an die islamisch-konservative Wählerschaft seiner Regierungspartei AKP. Davutoglu fühlt sich ermutigt, seit viele konservative Kurden bei der Parlamentswahl im November der PKK-nahen legalen Kurdenpartei HDP den Rücken kehrten und für die AKP votierten.

Die Rebellen sollen ausgegrenzt werden

Mit einer militärischen Schwächung der PKK durch Armee-Operationen und den Aufbauprogrammen will Davutoglu die Ausgrenzung der Rebellen vorantreiben. Zum Plan des Regierungschefs gehört auch eine Neustrukturierung der Sicherheitskräfte, um dem Guerilla-Kampf der PKK besser begegnen zu können. Die Anschaffung von 900 Mauleseln, die den Soldaten den Aufstieg zu den Bergverstecken der Rebellen erleichtern sollen, ist offenbar ebenfalls Teil des Strategiewechsels. Gleichzeitig sucht der Premier das Gespräch mit regierungskritischen Verbänden aus der Kurdenregion, etwa den Anwaltskammern.

Davutoglu setzt darauf, dass die Menschen im Kurdengebiet die Gewalt satt sind und die PKK ablehnen. Allerdings ignoriert Davutoglus Plan die Tatsache, dass die PKK nach wie vor viel Unterstützung unter den Kurden hat. Die Rebellen werden als Schutz gegen staatliche Willkür und als Kämpfer für die kurdische Sache angesehen. Gebraucht würden Maßnahmen gegen die Gründe, die der PKK immer wieder neue Kämpfer zutreiben, schrieb der Autor Ümit Samimi kürzlich. Über neue politische Zugeständnisse Ankaras an die Kurden – etwa auf dem Gebiet der lokalen und regionalen Selbstverwaltung – im Rahmen von Davutoglus Programm ist bisher nichts bekannt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false