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Türkei: Noch eine Chance für den Frieden

Gespräche zwischen türkischen und irakischen Regierungsvertretern in Ankara haben die Hoffnung genährt, dass eine großflächige türkische Militärintervention im Norden Iraks noch vermieden werden kann.

„Wir sind voller Hoffnung“, zitierten türkische Fernsehsender einen Sprecher der irakischen Regierungsdelegation, die mit dem türkischen Außenminister Ali Babacan, Innenminister Besir Atalay und anderen Vertretern Ankaras zusammentraf. In den Verhandlungen sei Einigkeit in vielen Bereichen erzielt worden. Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt.

Die türkische Regierung hatte die Gespräche mit der irakischen Delegation, zu denen neben Verteidigungsminister Abdel Kader Mohammed Dschassim auch US-Offiziere gehörten, als „letzte Chance“ zur Verhinderung eines Krieges bezeichnet. Die Türkei droht mit einem Einmarsch in den Nordirak, weil die PKK-Kurdenrebellen von dort aus immer wieder Angriffe in der Türkei verüben. Nach den Überfällen ziehen sich die PKK-Trupps wieder auf irakisches Gebiet zurück. Auch einem Teil der rund 200 PKK-Kämpfer, die am vergangenen Wochenende bei einem Hinterhalt im Südosten der Türkei zwölf Soldaten töteten und acht weitere gefangen nahmen, soll die Flucht in den Irak gelungen sein. Nach Darstellung der PKK werden die acht Gefangenen aber auf türkischem Gebiet festgehalten.

Für die Türken geht es in den Gesprächen mit der irakischen Regierung unter anderem darum, das Recht auf Verfolgung von PKK-Kämpfern durch türkische Truppen auf irakisches Territorium hinein fest zu vereinbaren. Die Regierung in Bagdad hatte der sogenannten „Nacheile“ in Verhandlungen in den vergangenen Monaten vorübergehend bereits zugestimmt, eine endgültige Einigung scheiterte aber am Nein der kurdisch dominierten nordirakischen Regionalregierung. Die Kurden im Nordirak befürchten, dass sich türkische Militäreinsätze nicht nur gegen die PKK, sondern auch gegen die kurdische Autonomie in der Region richten würden. Inzwischen verlangt aber auch die US-Regierung von den Irakern, sie müssten mehr zur Bekämpfung der PKK tun.

Nach Fernsehberichten fordert die Türkei auch die Schließung aller PKK- Stützpunkte auf irakischem Boden und die Auslieferung von Rebellen an Ankara. Die irakische Delegation in Ankara hatte angekündigt, mit „konkreten Vorschlägen“ in die Gespräche mit der türkischen Regierung zu gehen. Damit reagierten die Iraker auf eine Warnung Babacans, die Türkei brauche „mehr als nur Worte“, wenn eine Intervention noch abgewendet werden sollte.

Der irakische Außenminister Hoschjar Sebari sagte der „New York Times“, bei den irakischen Vorschlägen gehe es um die Unterbrechung der Waffenversorgung und anderer Arten der logistischen Unterstützung für die PKK im Irak. Die Kurdenrebellen können sich bisher weitgehend ungehindert im Nordirak bewegen und sich mit Waffen eindecken. Das von Sebari skizzierte Angebot würde hinter den türkischen Vorstellungen zurückbleiben. Für Diskussionen über türkische Militäreinsätze in Irak habe die Delegation in Ankara kein Mandat, betonte Sebari, der selbst ein mächtiger Kurdenpolitiker aus dem Norden Iraks ist.

In der kommenden Woche will US-Außenministerin Condoleezza Rice in der Türkei mit türkischen und irakischen Politikern zusammenkommen, um die Krise zu entschärfen. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will vor einem Einmarschbefehl an die Armee zudem sein Treffen mit US-Präsident Bush am 5. November in Washington abwarten.

Um ihre Entschlossenheit zu unterstreichen, bereitet die Türkei aber trotzdem weiter die Intervention vor. Die Armee verlegte zusätzliche Einheiten in die Nähe der 330 Kilometer langen Grenze zum Irak und sperrte zudem einige Gebiete in Grenznähe für Zivilisten. Augenzeugen berichteten, es seien auch wieder türkische Kampfflugzeuge am Himmel zu sehen gewesen, die aber offenbar nicht in den irakischen Luftraum eindrangen. In den vergangenen Tagen hatte die türkische Luftwaffe mutmaßliche PKK- Stellungen im Nordirak bombardiert.

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